Belgien: Streiks spalten das Land

, von  Jean-Luc Lefèvre, übersetzt von Stéphanie-Fabienne Lacombe

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Belgien: Streiks spalten das Land
Die Attentate in Brüssel im März haben auch den alten Zwiespalt in der belgischen Bevölkerung wieder aufleben lassen. © Miguel Discart / Flickr/ CC BY-SA 2.0-Lizenz

Lokführer und Justizvollzugsbeamte in Belgien streiken gegen die Spar- und Reformmaßnahmen der Regierung von Premierminister Charles Michel. Alte gesellschaftliche Zwiespalte zwischen Flandern und Wallonien brechen im Zuge der Proteste auf.

Die Mitte-Rechts-Regierung von Charles Michel ist nach einer schwierigen Regierungsbildung seit Herbst 2014 im Amt. Nach einem für belgische Maßstäbe reibungslosen Start sorgen die geplanten Reformen auf dem Arbeitsmarkt und im öffentlichen Dienst für gesellschaftlichen Sprengstoff in Belgien. Konkret sehen die Spar- und Reformmaßnahmen Kürzungen im Sozialbereich und im öffentlichen Dienst, die Anhebung des Rentenalters, erleichterte Teilzeitbeschäftigung für Unternehmen und die Einführung der 45-Stunden-Woche vor.

Zu Frühlingsanfang fanden erste Streiks gegen die geplanten Reformen statt. Straßen sowie Raffinerien wurden blockiert. Bei Demonstrationen gegen die Arbeitsmarktpolitik der Regierung kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei. Der Skandal der Panama Papers deckte auf, dass in Flandern viele Familien Off-Shore-Fonds besitzen und der separatistischen N-VA nahestehen. Weitere gesellschaftliche Probleme gossen Öl ins Feuer: überfüllte Gefängnisse führten zum Streik der Justivollzugsbeamten. Polizeikräfte und sogar Militärbedienstete mussten notgedrungen einspringen. Die Kritik an der Regierung wuchs nach den Attentaten von Brüssel am 22. März und einem vielfach als mangelhaft empfundenen Krisenmanagement weiter.

Nun sind auch die Bahnfahrer im Streik. Besonders in der französischsprachigen wallonischen Region Belgiens appelieren die Gewerkschaften zu weiteren Arbeitsniederlegungen, während die Unterstützung für die Streiks in Flandern weitaus schwächer ausfällt. „Es gibt ein Durcheinander bei den Gewerkschaften und ihren Zielen“, erklärt der belgische Journalist Bernard Demonty gegenüber dem Deutschlandfunk. „Die frankophone CGSP, die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, will die Regierung von Charles Michel stürzen. Aber der flämische Teil will das überhaupt nicht“, so Demonty.

Letzte Wählerumfragen unterstreichen die wachsende Polarisierung: die regierenden Parteien verlieren Wählerstimmen, mehr Menschen wenden sich der rechtsextremen Flams Belang sowie der linksradikalen PTB zu.

Wie geht es nun weiter? Wird auch die Regierung die Arbeit niederlegen? Fakt ist, dass die Krise die Uneinigkeit der belgischen Gesellschaft verstärkt. Separatisten und Konföderalisten gehen aus ihr gestärkt heraus.

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