Die EU Blue Card: ein unvollständiges Instrument

, von  Juuso Järviniemi, übersetzt von Ilona Vichnevskaia

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Die EU Blue Card: ein unvollständiges Instrument
Hochqualifizierten steht die EU offen. Besonders gefragte Berufe: Naturwissenschaftler, Mathematiker, Stadt- und Verkehrsplaner, Ingenieure und Humanmediziner. © BASF / Flickr (Link) / CC BY-NC-ND 2.0-Lizenz (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/)

Im Gegensatz zur US-amerikanischen Green Card ist die Blue Card der Europäische Union recht unbekannt. Sie erlaubt seit Ende 2007 hochqualifizierten Arbeitern aus Drittländern im EU-Raum zu arbeiten. Doch das Instrument zur Einwanderungserleichterung wird bisher nicht wie erhofft genutzt.

Entstehungsgeschichte der Blue Card

Im Gegensatz zur US-Amerikanischen Green Card ist die Blue Card der Europäische Union recht unbekannt. Sie erlaubt seit Ende 2007 hochqualifizierten Arbeitern aus Drittländern im EU-Raum zu arbeiten. Doch das Instrument zur Einwanderungserleichterung wird bisher nicht wie erhofft genutzt.

Der Grund für die Initiative war, wie José Manuel Barroso, der ehemalige Europäische Kommissionspräsident sagte, die ständig steigende Nachfrage nach Arbeitskräften in Europa aufgrund des demographischen Wandels. Die Blue Card ist zurzeit nur hochqualifizierten Bewerbern vorbehalten, da ein Gehalt vorausgesetzt wird, dass mindestens 1,5 mal so hoch ist wie der nationale Durchschnitt, wobei der Grenzwert in besonders gefragten Branchen verringert werden kann.

Mit einer Arbeitserlaubnis können Blue Card Inhaber eine Reihe anderer Privilegien genießen. Diese beinhalten die Möglichkeit der Familienzusammenführung sowie das Recht, sich über nationale Grenzen hinweg bewegen zu dürfen. José Manuel Barroso sagte in seiner Rede, die EU sende durch die Blue Card ein klares Signal: „Hochqualifizierte Menschen aus aller Welt sind in der Europäischen Union willkommen“.

Durchwachsene Bilanz nach acht Jahren

Die ausgegebene Anzahl an Blue Cards variiert zwischen den EU-Mitgliedern. In Deutschland wurde die Karte am 1. August 2012 eingeführt und nach weniger als einem Jahr wurden bereits ca. 10.000 Blue Cards ausgestellt. Obwohl einige an Ausländer ausgegeben wurden, die bereits in Deutschland wohnten, ist die Anzahl vergleichsweise groß: in einer Umfrage vom Herbst 2013 kam keines der Länder (wenn Statistiken erhoben wurden) auf diese Menge. In einigen Ländern wurde bisher nur eine Handvoll Karten ausgegeben, was teilweise an Unterschieden in der Umsetzungsgeschwindigkeit der EU-Richtlinie lag.

2014 von der Europäischen Kommission veröffentlichte Statistiken zeigen, dass Deutschland im Blue Card Projekt immer noch weit vor anderen EU Mitgliedsstaaten liegt. Die häufigsten Herkunftsländer waren Indien, China, Russland, den USA und die Ukraine. Berichten zufolge haben jedoch neun Länder nur zwei oder weniger Arbeitnehmer eingeladen, denen sie Blue Cards ausgehändigt hatten. Die Anzahl der russischen und ukrainischen Arbeiter macht aus der Initiative eine gesamteuropäische, die sich nicht nur auf die EU auswirkt. Ungefähr 700 Europäer haben laut Europäischer Kommission eine Blue Card erhalten.

Laut Steve Peers, Professor für EU Recht an der Universität Essex, liegt es an nationalen Bestimmungen der Länder, warum der Erfolg der Blue Card bisher geringer ausfällt, als er es zum jetzigen Zeitpunkt sein sollte. Eine mögliche Lösung könnte sein, solchen nationalen Projekten ein Ende zu setzen, vermerkt Peer, da jedes Land immer noch befugt sei Quoten für Migration zu setzen, wenn es das für wichtig erachtet. Ein anderes Problem mit der Einführung des Europäischen Projekts waren die langen Deadlines für Entscheidungen, die nach Peer’s Verdacht absichtlich gesetzt wurden, um die Bewerberanzahl zu verringern.

Entwicklungsländer fürchten Brain-Drain

Neben internen politischen Diskussionen hat die Blue Card auch im Ausland Bedenken ausgelöst. Kurz nachdem Barroso das Programm verkündet hatte, äußerten afrikanische Länder ihre Angst, hochqualifizierte Arbeitskräfte an die EU zu verlieren. Zur Gefahr des Brain-Drain hat sich unter anderem der Südafrikanische Minister für Gesundheit, Manto Tshabalala-Msimang, geäußert, der über die Arbeitsmarktsituation in seinem eigenen Sektor beunruhigt war. Die Europäische Kommission vermerkte die Bedrohung, als sie die Idee 2007 veröffentlichte und kündigte an, die Personalbeschaffung in gefährdeten Sektoren für Entwicklungsländern zu beschränken.

Die Statistiken von 2014 bezüglich der Blue Card zeigen, dass Brain Drain aus Afrika, vor allem aus Sub-Sahara Afrika, bislang noch zu keinem nennenswerten Umfang vorgekommen ist. Nur 78 Arbeitnehmer kamen aus der Region und wie die Liste der größten Ursprungsländer zeigt, stammen viele der Blue Card Inhaber nicht aus Entwicklungsländern. Leider enthält der Bericht der Europäischen Kommission keine Informationen über die Beschäftigungsart der Karteninhaber. Falls es die Blue Card in der Zukunft schafft, mehr Arbeiter aus Drittländern anzuziehen, würden die Beschränkungen bezüglich der Personalbeschaffung in Entwicklungsländern geprüft werden, aber es ist möglich, dass Länder wie China, Russland und die USA, die alle ausreichende eigene Ressourcen haben, ganz oben auf der Liste stehen bleiben.

Die Blue Card trifft auf ein reales Problem: die vorhersehbare Arbeitskräfteknappheit in der EU. Vielleicht sollten die Nationen, die das Instrument bisher wenig genutzt haben, einen anderen Blick auf die Initiative werfen und es als machbare Lösungsmöglichkeit sehen, um die Nachhaltigkeit ihrer nationalen Wirtschaft zu verbessern.

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