Dann fange ich mal an: Ich mag Europapolitik. Warum? Weil ich so alles machen kann, aber nichts machen muss. Alles, was in Europa an Politischem passiert, interessiert mich - manchmal auch nur die Politiken der Europäischen Union. So kann ich mich in den unterschiedlichsten Nischen aller europäischen Länder verkriechen, oder mich mit Richtlinien und Verordnungen herumschlagen (ich erwarte im übrigen von meinen LeserInnen diesen Unterschied zu kennen!).
Es gibt nichts Feinsinnigeres als leicht angeekelt ob ihrer Unwissenheit den Leuten den Unterschied zwischen EG- und EU-Richtlinien zu erklären oder den Unterschied zwischen Europarat und Europäischem Rat. En passant schütte ich mein mühsam angeeignetes Halbwissen zur europäischen Geschichte, zu europarechtlichen Konstruktionen und politischen Leitthemen über meine ZuhörerInnen aus, die in der Regel beeindruckt sind. Herrlich!
Sind doch die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten so komplex in der Europäischen Union, ein Labyrinth, welches nur von speziellen Menschen, den SpezialistInnen, beherrscht wird: Politik-Wissenschaftlicher, die glauben, die besseren Politiker zu sein, und Landtagsabgeordnete, die durch Föderalismus-Reformen (Wie viele gab’s? Egal, Hauptsache ich weiß, was die 12 geklauten Europasterne bedeuten!) und europäische Verträge immer weniger zu tun haben, aber sich stets für immer wichtiger halten. Und diese labern mit großer Leidenschaft von der Kompliziertheit und Komplexität unseres nationalen und europäischen Staatswesen. Dabei sollen sie doch gerade politische Vorgänge „übersetzen“ und nicht darüber klagen, dass es ist wie es ist. So kann man sein kaum in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommenes Dasein im eigenen Umfeld wohl rechtfertigen. Bürger dürfen jammern, die heißen zurzeit auch ganz hübsch: Wutbürger.
Bin ich froh, dass ich (noch) kein politisches Mandat habe, so darf ich sein, was ich will: ein Wolkenträumer und muss nicht so tun als würde ich Gesetzesvorlagen wie „Portabilität von Renten“ verstehen und enthusiastisch vertreten, nur weil ich ein euphorischer Europäer bin. Da hört es auch bei mir auf. Lieber verliere ich mich in Büchern wie Chantal Mouffes „Über das Politische“, Rifkins „Der europäische Traum“, dessen einziges Manko ist, dass er zu viel „Soziologen-Sprech“ verwendet: detaillierte Zahlen, umfangreiche Statistiken, zu viele Quellen, die mich langweilen. Oder ich quäle mein Hirn mit der Entstehung europäischer Identität oder ziehe mir lateinische Texte rein. Details sind mir zu wider, ich bin zu gern General(ist). Erbsen zählen kann ich schon, will nur nicht! Ja „Empört Euch!“ ruhig! Aber ich bin ein Wolkenträumer!
Kommentare verfolgen: |