Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

Eine Kritik des europäischen Allheilmittels

, von  Christoph Sebald

Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch
Nichtregierungsorganisationen, wie beispielsweise Greenpeace, können zwar ein demokratisches Anliegen haben, doch demokratisch legitimiert sind sie nicht, meint Christoph Sebald. © European Union 2010

Zivilgesellschaft – was ist das?

Zivilgesellschaft bezeichnet einen Bereich in der Gesellschaft zwischen staatlicher, wirtschaftlicher und privater Sphäre. Diese Sphäre nennt man auch den öffentlichen Raum, der von diversen sozialen Bewegungen ausgefüllt wird.

In der Forschung gibt es mehrere Ansätze und Perspektiven: Während ein enger Ansatz nur Nichtregierungsorganisationen (NGO) als Zivilgesellschaft anerkennt, schließt ein breiterer Ansatz alle zivilgesellschaftlichen Organisationen (ZGO), also auch Lobby und Gewerkschaften, mit ein. Ein dritter Ansatz umfasst alle gesellschaftlich-sozialen Kräfte, mitunter Kirchen, apolitische Vereine und Terroristen. Letzterer wird hier jedoch vernachlässigt.

Zivilgesellschaft – und Demokratie

Eines ist völlig klar: Zivilgesellschaftliche Aktivität ist nur im Rahmen eines demokratischen Rechtsstaats garantiert. Ohne Versammlungs- und Vereinigungsrechte ist Zivilgesellschaft schlicht nicht möglich. Als Bestandteil eines demokratischen Systems muss sich Zivilgesellschaft jedoch an normativ demokratischen Maßstäben messen lassen, insbesondere dann, wenn sie politisch aktiv wird. Nimmt man Demokratie ernst, so heißt das, dass alle in einem Gesellschaftssystem zusammengefassten Individuen gleichberechtigt am politischen Entscheidungsprozess teilnehmen dürfen.

Augenscheinlich ist das bei Zivilgesellschaft nicht der Fall. Den einzelnen NGOs, Lobbys und Gewerkschaften mangelt es ganz erheblich an demokratischer Legitimität, zumal dann, wenn sie nur Einzelinteressen vertreten und nicht im Namen des Volkes sprechen. Doch selbst gemeinwohlorientierten NGOs mangelt es an einer Legitimation durch das Volk. Selbst wenn ihre Ziele uneigennützig demokratischen Charakter besitzen, bleiben die Bewegungen selbst undemokratisch, da sie nur auf ihren Mitgliedern, nicht aber auf der Gesamtheit der Bürger fußen.

Problematisch ist weiterhin, dass Demokratie den gleichrangigen Einfluss der Bürger auf die Politik sichern soll. Zivilgesellschaft untergräbt diesen Ansatz jedoch in aller Regel. Zum einen hängt das politische Gewicht einer Organisation erheblich von ihren Ressourcen und der Mobilisierbarkeit der Mitglieder ab. Des weiteren gewinnen gut organisierte und vernetzte Bürger durch geschicktes Lobbying an Einfluss, während jener der wenig organisierten und vernetzten Wahlbürger schwindet. Hier sei besonders hervorgehoben, dass insbesondere arme und bildungsferne Schichten meist apolitisch sind, durch den zivilgesellschaftlichen Prozess also enorm aus dem politischen Prozess ausgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass gebildete, rhetorisch versierte Bürger leichter an einflussreiche Positionen innerhalb der NGOs kommen und sich in thematischen Debatten – nicht zuletzt aufgrund ihres breiteren Bildungshintergrunds – öfter durchsetzen.

Zivilgesellschaft forciert also in erheblichem Maße politische Ungleichheit, was in einer Demokratie nicht unproblematisch ist. Weiterhin mangelt es zivilgesellschaftlichen Bewegungen an adäquater Öffentlichkeitsarbeit und demokratischer Verantwortlichkeit. Sie sind mit ihren Handlungen niemandem Rechenschaft schuldig und können nur unzureichend von der Öffentlichkeit im Auge behalten werden. Beides mindert ihre „demokratische“ Qualität erheblich.

Zivilgesellschaft – instrumentelle und institutionelle Schwächen

Ein Problem von zivilgesellschaftlichen Organisationen (ZGO) ist, dass technologische und ökonomische Entwicklungen äußerst rapide verlaufen und sogar an Geschwindigkeit zunehmen. Insbesondere lose vernetzte und ressourcenschwache Organisationen sind zu träge für die Ansprüche unserer Zeit. Statt proaktiv zu handeln, reagieren sie oft nur auf Gegebenheiten. Auch fehlt es ihnen an Vollzugs- und Aquirierungsinstrumenten. Sie sind also einerseits auf Institutionen, die ihre Ziele konkret umsetzen (Staat), andererseits auf freiwillige Geldzuwendungen und somit die jeweiligen Geldgeber angewiesen.

Gerade wenn ZGO auf nationaler oder internationaler Ebene Einfluss ausüben wollen, werden immense Ressourcen benötigt, weshalb ihre Finanzierung fast nie ausschließlich auf Mitgliedsbeiträgen beruht. Sie sind erheblich dem Einfluss ihrer Förderer ausgesetzt. Dies kann soweit reichen, dass ZGO von Institutionen (z.B. EU oder UN), seltener auch Privatpersonen, die sie finanzieren, als Instrument genutzt werden, um auf andere Entscheidungsträger (z.B. Nationalstaaten) Druck auszuüben.

So finanzierte die EU-Kommission schon früh und in großem Maße feministische Bewegungen, um auf die nationalstaatliche Gleichstellungspolitik einzuwirken. Auch nutzt sie ZGO als Wissensquelle, um ihre eigene Verhandlungsposition gegenüber den Nationalstaaten mit „Expertenwissen“ zu stärken. Dieses Machtinstrument wird durch die Kommission ausgebaut, indem sie die Herausbildung von EU Dachverbänden forciert und finanziell unterstützt. Die demokratische Qualität leidet durch Instrumentalisierung und den zivilgesellschaftlichen Aufbau von oben nach unten („top-down“) enorm.

Die Unabhängigkeit von ZGO ist oftmals mehr als fraglich. Hinzu kommt, dass sie oft multiple Organisationsebenen besitzen, also zum Beispiel lokale, regionale und nationale Ebenen. Umso mehr Ebenen sie besitzen, desto geringer ist normalerweise die Rückbindung an die Basis und es droht die Gefahr einer „Satellitentätigkeit“. Zwar werden die Verbandseliten in aller Regel in einem hierarchischen Stufenmodell gewählt, auch findet meist informative Kommunikation von oben nach unten statt, doch der verbandsinterne Diskurs mit der Basis ist selten effektiv möglich.

Hier liegt eines der größten Dilemmata von ZGO. Soll ein Vorgehen bezüglich einer Politik mit der Basis abgesprochen werden, benötigt das viel Zeit und macht die Organisation behäbig. Soll die Organisation hingegen aktiv und zeitnah im politischen Prozess teilnehmen, geht der Kontakt zur Basis häufig verloren und selbst die interne Struktur von ZGO kann dann kaum mehr als demokratisch bezeichnet werden.

Zivilgesellschaft – in der EU?

Die EU ist ganz besonders auf Legitimität angewiesen, weil sie nicht nur zwischen dem Entscheidungsträger und dem Bürger, sondern auch transnational zwischen den Bürgern Verbindungen schaffen muss. Hinzu kommt, dass es ihr im Vergleich mit dem Nationalstaat an historischem Legitimitätskredit mangelt. Die EU muss also an einer größtmöglichen Integration aller Bürger interessiert sein – das funktioniert nur mit einer konsequenten Demokratisierung. Die Frage ist also, ob Zivilgesellschaft trotz ihrer undemokratischen Natur zur Demokratisierung der EU beitragen kann.

Nach Korruptionsvorwürfen und dem Rücktritt der EU-Kommission unter Santer 1999, erhob Romano Prodi als neuer Kommissionspräsident Zivilgesellschaft zum Königsweg, um die Bürgerferne der EU zu überwinden. Dazu sollte die organisierte Zivilgesellschaft in den EU-Gesetzgebungsprozess eingebunden werden und helfen, das Legitimationsdefizit zu verringern. Konsequent baute die Kommission seither ihr Konsultationsregime aus und tatsächlich stehen rund 85% aller Konsultationen (Grünbücher, etc.) grundsätzlich allen ZGO (auch Individuen) offen.

Problematisch ist jedoch, dass die Kommission die Finanzierung der ZGO an ihr Engagement auf EU-Ebene knüpft, was durch Aktivitätsdruck den Kontakt zur Basis erschwert. Weiterhin sind ressourcenstarke Verbände aus Wirtschaft und Politik, die bereits die engeren Experten- und Stakeholder Beratungszirkel der Kommission dominieren, auch in den offenen Konsultationen vorherrschend. Diese verfügen zudem über mehr persönliche Kontakte zu einflussreichen Politikern auf nationaler und europäischer Ebene. Die eigentliche Einflussverzerrung durch ressourcenstarke Akteure findet also dahingehend statt, dass sie in der Lage sind sowohl durchschlagender, als auch großflächiger und direkter zu agieren. Der Einfluss der Zivilgesellschaft im engeren Sinne muss also eher niedrig eingeschätzt werden. Interessant ist weiterhin, dass Großbritannien das größte Kontingent an ZGO stellt, die an Kommissions-Konsultationen teilnehmen.

Die Forschung bestätigt das Klischee zum Teil. Zwar haben NGOs gerade in jüngeren Generaldirektionen (z.B. GD Gesundheit) an Einfluss gewinnen können, doch insbesondere in älteren Generaldirektionen, wie der GD Binnenmarkt, sind die sogenannten „issue communities“, also Lobbyisten- und Gewerkschaftszirkel, ungebrochen. Von Demokratisierung des europäischen Politikbetriebes kann keine Rede sein. Eine tendenzielle Pluralisierung der Interessen auf EU-Ebene ist hingegen unbestritten und als ein gewisses Gegengewicht zu Lobby, nationalen Regierungen und Gewerkschaften wohl auch wünschenswert.

Zivilgesellschaft – Konsequenzen

Zivilgesellschaft ist in meinen Augen kein Instrument, das – wie manchmal behauptet – die Lücken schließen kann, welche der Rückzug des Staates hinterlassen hat. Gerade die institutionellen Schwächen, die Unmöglichkeit der Politikimplementation und ihre demokratische Minderwertigkeit machen Zivilgesellschaft absolut inadäquat gegenüber den Herausforderungen unserer Zeit.

Politische Gleichheit ist für den weiteren Integrationsprozess der Bürger, aber auch die Stabilität der EU unerlässlich! ZGO verstärken aber politische Ungleichheiten und befördern eine von demokratischer Responsibilität abgekoppelte europäische Funktionselite, auch da ihre Tätigkeiten in den öffentlichen Medien nicht besprochen werden. Die Einbindung breiter Gesellschaftsschichten kann nur durch eine konsequente Ausweitung der Kompetenzen des EU-Parlaments sowie durch eine verstärkte europäische Öffentlichkeitsarbeit erreicht werden. Zivilgesellschaft sollte lediglich als eine Art Übergangsinstrument angesehen werden. Die langfristige Verankerung von ZGO im derzeitigen Institutionengefüge der EU muss zum Wohle der Demokratie und im Sinne einer Einbindung aller Bürger in den politischen Prozess, unbedingt vermieden werden. Dies gilt vor allem im Lichte der fragwürdigen demokratischen Legitimität von Rat und Kommission.

Ihr Kommentar
  • Am 17. September 2011 um 17:15, von  Daniel Als Antwort Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

    Ich stimme der Aussage zu „Nimmt man Demokratie ernst, so heißt das, dass alle in einem Gesellschaftssystem organisierten Individuen gleichberechtigt am politischen Entscheidungsprozess teilnehmen dürfen.“ Für mich stehen zivilggesellschaftliche Organisation aber überhaupt nicht in einem Widerspruch zu dieser Aussage. NGOs treffen keine kollektiv verbindlichen Entscheidungen, also müssen sie auch nicht demokratisch legitimiert sein. Vielmehr ermöglichen sie den Bürgern, ihre Interessen zu aggregieren und somit ihre Meinung in die demokratisch legitimierten Entscheidungsgremien hineinzutragen. Sie machen Vorschläge, erheben Forderungen und tragen auch zur Kontrolle mächtiger staatlicher und gesellschaftlicher Akteure bei. Ob ihre Konzepte umgesetzt werden, liegt dann immer in der Verantwortung der gewählten Politiker in Legislative und Exekutive. Sie ermöglichen dem einzelnen Bürger doch überhaupt erst, sich gleichberechtigt am politischen Prozess zu beteiligen, da das Individuum in den modernen Massendemokratien aus rein praktischen Gründen gar kein Gehör finden kann, wenn es sich nicht mit anderen vernetzt - es sei denn es verfügt alleine über erhebliche materielle Ressourcen, was dann aber erst recht kein gleichberechtigter politischer Prozess wäre.

  • Am 17. September 2011 um 21:48, von  Martin F. Als Antwort Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

    Hoffe das ist nicht aus unserer Diskussion auf der Fähre entstanden :P

    Generell finde ich es etwas unfair idelle demokratische Massstäbe an die Zivilgesellschaft aber nicht ihren politischen Gegenüber anzulegen. In Zeiten von Klientelpolitik stellt die Zivilgesellschaft nur eine weitere Form des Stellvertretertums dar. Die Repräsentativität geht zudem aus den Strukturen und dem Outreach hervor. Man findet schon klare Unterschiede in der Organisationsform von Attac und einer Parteijugendorganisation, ebenso in der größe des Netzwerks.

    Daher sehe ich das Problem weniger in der Rolle der Zivilgesellschaft sonder allerhöchstens im Umgang mit ihr. Mangelhafte Integration bei Kernkompetenzen der EU ist durchaus problematisch, da somit eine Herabwertung der zivilgesellschaftlichen Strukturen stattfindet. Viel mehr sollten hier die Lobbykräfte (und ich möchte hier nicht den kompletten dritten Sektor als Zivilgesellschaft dargestellt wissen) in einem Multi-Stakeholder Ansatz zusammenkommen.

  • Am 17. September 2011 um 22:15, von  Christoph Als Antwort Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

    Ich bin mir unsicher, ob du die zitierte Stelle nicht vielleicht missverstanden hast. Nicht die organisierten Individuen, sondern alle in einem Gesellschaftssystem zusammengefassten Individuen sollen gleichberechtigt am politischen Entscheidungsprozess teilnehmen dürfen. Kann sein, dass ich mich an dieser Stelle uneindeutig ausgedrückt habe.

    „NGOs treffen keine kollektiv verbindlichen Entscheidungen, also müssen sie auch nicht demokratisch legitimiert sein.“ Ich sehe das Problem eigentlich woanders. Durch ZGO erhält ein kleiner Teil der Gesellschaft einen signifikant größeren Einfluss auf die Tagespolitik als der durchschnittliche Wahlbürger. Das finde ich insofern problematisch, weil dadurch zum einen direkt die Rechte des Wahlbürgers beschnitten werden, zum anderen diese Entwicklung in meinen Augen auch erheblichen Einfluss auf die zunehmende ’Politikverdrossenheit’ hat. Die Bürger spüren, dass ihr Einfluss auf das politische Geschehen sinkt und da sie für sich persönlich keine Möglichkeit erkennen dagegen etwas zu unternehmen – eben auch weil diese politischen Kräfte (ZGO) oft außerhalb der medialen Öffentlichkeit agieren – ziehen sie sich aus dem politischen Prozess zurück (gehen nicht mehr wählen, demonstrieren nicht, werden eben apolitisch).

    Das ist auf nationalstaatlicher Ebene schon nicht besonders günstig. Auf europäischer Ebene wirkt sich das aber verheerend aus. Das ’Projekt Europa’ wird dann unter Ausschluss breiter (meist bildungsferner) Gesellschaftsschichten errichtet. Durch die politische Exklusion steigt jedoch auch die Skepsis gegenüber Europa. Das geht in meinen Augen wesentlich mit mangelnder medialer Aufmerksamkeit einher – wobei hier ein gewisser Teufelskreis vorliegt. Die Medien argumentieren, dass europäische Themen nicht gut ankommen und die Bürger argumentieren, dass Europa in den Medien kaum präsent ist.

    Politische Ungleichheit verstärkt in diesem Fall tendenziell EU Skepsis und Nationalismen. Ein zweiter Punkt ist, dass politischer Einfluss und wirtschaftliches Gewicht in aller Regel korrelieren (das lehrt uns z.B. ein Blick in die Geschichte der Gewerkschaften, aber auch auf multinationale Konzerne). Sowohl politische als auch wirtschaftliche Ungleichheiten führen jedoch zu zunehmenden sozialen und politischen Spannungen im europäischen Gefüge (sei dies zwischen Staaten oder Individuen). Diese immer stärker auftretenden Spannungen sind der Hemmschuh schlechthin für die weitere Vertiefung der EU.

    Dagegen helfen jedoch ZGO kaum und sind daher als Instrument gegen die derzeitigen Probleme der EU völlig ungenügend (zumindest im jetzigen Institutionengefüge, bei mangelnder medialer Aufmerksamkeit). Die Quintessenz meines Artikels ist also: Wollen wir die europäische Vision voranbringen, helfen uns ZGO aus diversen Gründen, vor allem aber, da sie politische Ungleichheit verstärken, nicht weiter. Weil wir wieder alle Bürger in den europäischen Prozess miteinbeziehen sollten, hilft hier nur eine effektive Demokratisierung (Angleichung des politischen Einflusses).

    Ich entschuldige mich, dass ich meine Vorstellungen hier nur skizzieren kann. Ich hoffe sie sind trotzdem einigermaßen nachvollziehbar.

    „ Sie ermöglichen dem einzelnen Bürger doch überhaupt erst, sich gleichberechtigt am politischen Prozess zu beteiligen (...)“ Das ermöglichen sie aus technischen Gründen heraus aber nur Wenigen. Weil eben Verbände oft hierarchisch organisiert sind. Weil rhetorische Fähigkeiten, Bildung und Durchsetzungsfähigkeit ein wesentliches Selektionsmerkmal innerhalb der Verbände darstellen. ZGO sind das Instrument einer Bildungselite, keineswegs des durchschnittlichen Wahlbürgers und schon aus diesem selektiven Moment heraus völlig undemokratisch.

    „Sie machen Vorschläge, erheben Forderungen und tragen auch zur Kontrolle mächtiger staatlicher und gesellschaftlicher Akteure bei.“ Und wer kontrolliert die ZGO? Im Gegensatz zu Parlamenten und Regierungen mangelt es ZGO erheblich an medialer Öffentlichkeit, Responsibilität und gesellschaftlicher Kontrolle. Das ermöglicht ihnen eine gewisse Schattenaktivität. Auch sind ZGO bei ihrer Kontrollfunktion noch immer maßgeblich auf die öffentlichen Medien angewiesen, weil sie selbst keine entscheidende Öffentlichkeitsarbeit leisten können.

    „ (…) das Individuum in den modernen Massendemokratien aus rein praktischen Gründen gar kein Gehör finden kann, wenn es sich nicht mit anderen vernetzt - es sei denn es verfügt alleine über erhebliche materielle Ressourcen, was dann aber erst recht kein gleichberechtigter politischer Prozess wäre.“ Richtig. Aber entweder darf man niemandem politischen Einfluss auf die gewählten Volksvertreter gestatten oder man muss eben allen gleiche Bedingungen einräumen. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall, weil Ressourcen und Bildung maßgeblich die Chance auf Einfluss bestimmen – was in einer Demokratie inakzeptabel ist! Zivilgesellschaft könnte theoretisch ein Beitrag zur Demokratie sein, aber nur, wenn sie politische Gleichheit stützt und nicht wie im gegenwärtigen Fall politische Ungleichheit befördert.

  • Am 17. September 2011 um 22:30, von  Christoph Als Antwort Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

    „Hoffe das ist nicht aus unserer Diskussion auf der Fähre entstanden :P“ Nein, der Ansatz ist zwar brillant, war mir aber doch ein wenig zu abgefahren ;)

    „ In Zeiten von Klientelpolitik stellt die Zivilgesellschaft nur eine weitere Form des Stellvertretertums dar.“ Aber im Gegensatz zu gewählten Volksvertretern eine ungleiche.

    „ Die Repräsentativität geht zudem aus den Strukturen und dem Outreach hervor“ Aber die Responsibilität nicht zwingend. Eine öffentliche Kontrolle findet auch allerhöchstens rudimentär statt.

    Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, was du mir im zweiten Absatz sagen willst, aber wenn du von einer starken Institutionalisierung der ZGO auf EU-Ebene sprichst, die einen annähernd gleichen Einfluss aller Interessen gewährt, dann wäre in meinen Augen bereits ein Problem gelöst. Dann sollte man allerdings noch sicherstellen, dass allen die gleichen Zugangschancen in ZGO offenstehen.

    Eine der Hauptproblematiken der derzeitigen zivilgesellschaftlichen Ausgestaltung besteht für mich darin, dass nicht alle gesellschaftlichen Interessen berücksichtigt werden und dadurch manche Interessen zu viel, manche zu wenig Berücksichtigung finden. Das vor allem, weil bestimmten Verbänden und Individuen deutlich mehr Chancen eingeräumt sind, als anderen.

  • Am 18. September 2011 um 18:39, von  Martin F. Als Antwort Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

    Servus,

    den Multi-Stakeholder Ansatz findest du sehr stark in der netzpolitischen Szene, wo sich einfach eine Nische gebildet hat und die dann von Organisationen aus dem dritten Sektor (diesmal auch durchaus im weiteren Verständnis) gefüllt wurden, bevor der Staat diese Bereiche entdeckt hat. Daraus hat resultiert, dass verschiedene Bereiche des Internets unterschiedliche reguliert sind, teilweise durch reine ökonomische Auslese, teilweise durch Mehrheitsentscheide. Um nun in diesen Bereichen Änderungen hervorzurufen ohne jemandem auf die Füße zu steigen gibt es den Multi-Stakeholder Ansatz, der alle beteiligten Gruppen an einen Tisch setzen soll und so eine gemeinsame Regulierung ermöglichen soll. Dies ist leider noch nicht sonderlich weit fortgeschritten, der Ansatz ist jedoch sehr positiv, in meinen Augen.

    Mich würde durchaus noch interessieren, welche Interessensgruppen du nicht vertreten siehst. Im Europarat werden zB. noch deutlich stärker als in den EU Institutionen Minderheitenrechte gepusht und auch Organisationen mit unter 2000 Mitgliedern in den Strukturen gefördert. In den EU Programmen für Bürgerbeteiligung und Jugend gibt es stets Gleichstellungsparagraphen und positive Diskriminierung für benachteiligte Gruppen. Zwar ist die EU hier etwas langsam was die Festlegung angeht, wer benachteiligt ist und wer nicht, doch generell gibt es die Absicht alle Ansichten zu integrieren, nur an der Umsetzung mangelt es.

    In meinen Augen macht die Zivilgesellschaft auf genau diese Beteiligungsmöglichkeiten aufmerksam und kanalisiert die Interessen. Sicherlich werden Einzelinteressen der Wahlbürger ausgegrenzt aber wenn diese Interessen gesellschaftsfähig sind, dann gibt es dafür auch zivilgesellschaftliche Strukturen oder sie gründen sich neu. Als Beispiel kann man sich hier auch gern Wikileaks oder die Piratenpartei anschauen. Der politische Umgang mit beiden Gruppen ist in meinen Augen deutliche Demokratie gefährdender als die Existenz derselben.

  • Am 19. September 2011 um 20:35, von  Christoph Als Antwort Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

    Lieber Martin,

    vielen Dank für deine Kommentare!

    Ich beginne mal mit dem Stakeholder-Ansatz. Wenn ich mich nicht irre, war (ist?) der Stakeholder-Ansatz längere Zeit auch in Mitte-links Kreisen für die EU angedacht, meines Wissens hatte dieser Ansatz aber nie so richtig Aussicht auf Umsetzung. Er wäre auf jeden Fall deutlich sinnvoller als die derzeitige Umsetzung von Zivilgesellschaft, die enorme Chancen- und Einflussungleichheiten aufweist – da würde ich dir also weitgehend zustimmen.

    Ich denke benachteiligt sind insbesondere sozial schwache gesellschaftliche Gruppen. Also in erster Linie Arbeitslose, Rentner, prekär Beschäftigte und Immigranten. Darüber hinaus aber auch jene, die aufgrund ihres niedrigeren Bildungsniveaus geringere Partizipationschancen im zivilgesellschaftlichen Prozess haben. Für mich bedeutet Demokratie eben auch die Möglichkeit eingeräumt bekommen, seine eigenen Interessen und Ideen im gleichen Maße in den gesellschaftlichen Prozess einbringen zu können, wie jeder andere Wahlbürger. Dazu fehlen aber die Voraussetzungen, da Bildung als wesentliches Selektionskriterium zu ungleich verteilt ist. Natürlich ist das auch in gewissem Maße länderspezifisch, aber insbesondere in Deutschland gravierend.

    Warum denke ich, dass diese Gruppen unterrepräsentiert sind? Weil sie in den letzten Jahren sowohl politisch als auch wirtschaftlich-sozial herbe Einschnitte hinnehmen mussten, wohingegen bestimmte akademische Schichten an politischem und wirtschaftlich-sozialem Gewicht gewonnen haben. Ein Gradmesser ist der Rückbau des Wohlfahrtsstaates, ein anderer das Sinken der Löhne in prekären Beschäftigungsverhältnissen, bei gleichzeitigem Anstieg von Lohn und Vermögen privilegierter Schichten. Politisch ist der zivilgesellschaftliche Diskurs durchaus auch ein Zeichen, dass insbesondere akademische Gesellschaftsgruppen nach mehr politischem Einfluss streben – wohingegen man insbesondere bei bildungsfernen Schichten wenig zivilgesellschaftliches Engagement und eine geringe Wahlbeteiligung feststellen kann. Wären sie gemäß ihrer Masse im politischen Prozess repräsentiert, wäre eine zunehmende Einkommens- und Sozialspaltung wohl nicht möglich.

    „Sicherlich werden Einzelinteressen der Wahlbürger ausgegrenzt aber wenn diese Interessen gesellschaftsfähig sind, dann gibt es dafür auch zivilgesellschaftliche Strukturen oder sie gründen sich neu.“

    Da bin ich mir eben nicht so sicher. Sowohl Wikileaks, als auch die Piratenpartei sind nämlich ebenfalls Zusammenschlüsse meist hochqualifizierter Akademiker. Deshalb denke ich, ist meine Einschätzung weiterhin valide, wenn ich behaupte, dass Bildung ein wesentliches Zugangskriterium für über die Wahlbürgerschaft hinausreichendes politisches Engagement darstellt – weshalb in einem zivilgesellschaftlichen Diskurs die Interessen sozial Benachteiligter fast immer zu kurz kommen müssen – es sei denn es gäbe einen streng institutionalisierten Rahmen, der ihre Partizipation sicherstellen würde.

    Zu den demokratischen Maßstäben wollte ich noch sagen, dass ich es für sinnvoller erachte, an alles strikte demokratische Maßstäbe anzulegen, um in einem kritischen Diskurs gesellschaftliche Reflexion zu betreiben. Die Verwässerung der Maßstäbe birgt in meinen Augen oft die Gefahr der Instrumentalisierung, also berechtigter Kritik mit lausigen Argumenten gesellschaftlicher Entwicklungs- und Transformationsprozesse zu begegnen und sich damit gegen legitime Kritik zu immunisieren.

    Grüße

  • Am 20. September 2011 um 09:46, von  Daniel Als Antwort Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

    Hallo Christoph, du hast Recht, dass „rhetorische Fähigkeiten, Bildung und Durchsetzungsfähigkeit ein wesentliches Selektionsmerkmal innerhalb der Verbände darstellen“. Dies ist aber in politischen Parteien und bei den „gewählten Volksvertretern“ genauso. Im Übrigen sprichst du von einer „gleichberechtigten“ Teilhabe. Jeder hat das Recht, eine NGO zu gründen oder sich in einer bestehenden zu engagieren. Dass viele Menschen gerade aus benachteiligten Sozialschichten dieses Recht nicht wahrnehmen (ebenso wie auch unter den Nichtwählern viele Menschen aus benachteiligten Schichten sind), kann man nicht den NGOs zum Vorwurf machen (und auch nicht den „akademischen Gesellschaftsgruppen“, die nach politischem Einfluss streben), sondern da versagt unser Bildungssystem etc. Im Übrigen verstehe ich nicht, wie du zu der Einschätzung gelangst, dass ziviligesellschaftliche Akteure meistens abseits der Öffentlichkeit agieren. Wenn eine NGO Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger nehmen möchte, ist sie doch gerade auf die Schaffung einer Öffentlichkeit angewiesen, damit die Politiker ihre Wählerstimmen in Gefahr sehen. Nur bei Wirtschaftslobbyisten ist dies anders, da sie mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen o.ä. auch hinter verschlossenen Türen drohen können. Eine Kritik des Einflusses von Wirtschaftslobbyisten hat sicherlich ihre Berechtigung, aber dann sollte man nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und diese Kritik aufgrund deiner Definition des breiteren Ansatzes von ZGO auf alle zivilgesellschaftlichen Akteure ausdehnen. Natürlich müssen auch NGOs einer kritischen Öffentlichkeit ausgesetzt sein, aber in einer funktionierenden Medienlandschaft sind sie dies auch und oft gibt es ja auch konkurrierende Akteure mit entgegengesetzten Interessen. Selbstverständlich hast du auch Recht, dass viele berechtigte Interessen im politischen Diskurs nicht hinreichend Gehör finden (etwa die von Obdachlosen und Strafgefangenen), aber auch die gewählten Politiker kümmern sich in der Regel zu wenig um diese Gruppen. Ich glaube nicht, dass das in einer Welt ohne zivilgesellschaftliche Akteure anders wäre. Wie gesagt glaube ich eher, dass dann einzelne mächtige Individuen noch viel mehr Einfluss hätten. Insofern ist es unfair, die zivilgesellschaftlichen Akteure dafür zu kritisieren, dass sie nicht das Bild einer idealen Demokratie erfüllen, in dem alle Bürger vollkommen gleich am politischen Prozess teilnehmen, da es auch kein reelles Alternativmodell gibt, das dieses Ideal erfüllen würde. Man sollte also nur auf die Diskrepanz zwischen der Realität und dem Ideal aufmerksam machen und dann versuchen, die Realität dem Ideal etwas mehr anzunähern, etwa indem man mehr Menschen ermutigt und befähigt, sich in der Zivilgsellschaft zu engagieren.

  • Am 20. September 2011 um 21:19, von  Christoph Als Antwort Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

    Hallo Daniel,

    vielen Dank für deinen Kommentar!

    Du sprichst in meinen Augen einen fundamentalen Punkt an, in dem ich dir voll und ganz zustimme. Eines der größten Probleme unserer Gesellschaft ist die immense Diskrepanz zwischen einem ständig komplexer werdenden politischen System und einer Bildungspolitik die zunehmend auf eine schnellstmögliche Eingliederung in den Arbeitsmarkt ausgerichtet ist. Der Stellenwert politischer Bildung in der Schule ist geradezu erschreckend gering. Es ist paradox und gefährlich, wenn in einer Demokratie die Bürger das politische System nicht mehr verstehen und ihm dadurch entfremdet werden. Du hast absolut Recht, dass hier etwas im Argen liegt und NGOs dafür vorderhand keine Schuld zugeschrieben werden kann.

    Ich argumentiere jedoch, dass in der derzeitigen Konstellation die Zivilgesellschaft (auch NGOs) als Katalysator wirkt, der nicht-privilegierte Schichten zusätzlich ausgrenzen kann oder doch das derzeitige gesellschaftliche Problem nicht behebt – wie es uns die Kommission weiß machen will (Bürgernähe, etc.). Dazu müssen fundamentale Schritte unternommen werden. Entweder müsste die Gesellschaft dem politischen System (mehr Bildung für alle Gesellschaftsschichten) oder das politische System der Gesellschaft (Komplexitätsreduktion politischer Strukturen) angeglichen werden, um wieder mehr Vertrauen, Zustimmung und Beteiligung – auch in heute bildungsfernen Schichten – zu erreichen. Ein starkes Parlament und eine europäische Regierung könnten ein komplexitätsreduzierender Ansatz sein, eine umfassende Bildungsoffensive ein anderer.

    NGOs agieren in meinen Augen zwar nicht derart ’öffentlichkeitsfern’ wie Lobbyisten, da gebe ich dir völlig Recht, weil sie eben auch Mitglieder rekrutieren und in der Bevölkerung auf ihre Ziele aufmerksam machen – oder es zumindest versuchen. Die konkreten Ziele, Projekte oder Einflussmaßnahmen bleiben aber von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet. Sie finden kaum Resonanz in den Massenmedien. Das liegt in meinen Augen vor allem an der Vielzahl der Akteure. An einem Konsultationsprozess der Kommission nehmen regelmäßig mehr als 100 verschiedene Verbände Teil, mit eigenen Zielen und unterschiedlichem Gewicht. Es liegt also sicher zum Teil an einer gewissen Ignoranz etablierter Medien, aber auch in der komplexen Natur der Sache, dass eine kritisch mediale Öffentlichkeit auch für NGOs nicht in dem Maße erreicht werden kann, wie beispielsweise für Regierungen, die Kommission oder Parteien.

    In deinem letzten Absatz hast du erneut völlig recht, wenn du sagst, dass auch gewählte Politiker keineswegs dem demokratischen Ideal entsprechen und zahlreiche berechtigte Interessen – vor allem nicht-privilegierter Gesellschaftsschichten – zu kurz kommen lassen oder schlimmstenfalls gar ignorieren. Auch hier sollte man ein strenges normatives Maß anlegen und in aller berechtigten Schärfe Kritik üben. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob du mich richtig verstanden hast, denn ich kritisiere politische Ungleichheit, egal in welcher Form oder Institution sie auftritt. Auch habe ich weiter oben den Stakeholder-Ansatz bereits als eine mögliche – und sinnvollere – Umsetzung von Zivilgesellschaft, bezeichnet. Was ich also vor allem kritisiere ist die derzeitige Umsetzung der Zivilgesellschaft, die – wie oben ausgeführt – zum einen die Interessen großer Bevölkerungsteile zu wenig berücksichtigt, die gleichberechtigte Partizipation im derzeitigen Institutionengefüge nicht gewährleisten kann und sicherlich kein adäquates Mittel ist, Bürgernähe herzustellen. Mit diesem Anspruch ist die Kommission jedoch an ihren zivilgesellschaftlichen Ansatz herangetreten und in meinen Augen fulminant gescheitert. Die Einbindung der organisierten Zivilgesellschaft hat den Vertrauensverlust in die EU in den national organisierten Bevölkerungen nicht stoppen, noch rückwärtsgewandte Nationalismen abschwächen können. Deshalb ist Zivilgesellschaft in ihrer derzeitigen Verfassung, für die derzeitigen Probleme der EU, in meinen Augen kein ausreichendes Instrument.

    Es kann allerdings auch sein, dass dieser Aspekt in meinem Artikel ein wenig untergegangen ist – was verschiedenen Gründen geschuldet ist.

  • Am 22. September 2011 um 14:42, von  Daniel Als Antwort Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

    Danke für deine ausführliche Antwort, Christoph. Nach deinen zusätzlichen Ausführungen denke ich, dass wir in unseren Positionen gar nicht so weit auseinanderliegen. Dass die Einbeziehung einzelner großer und kleiner Verbände, wie sie durch die EU Kommission betrieben wird, das Demokratiedefizit der EU nicht lösen wird, weil sie vielfach abseits der breiten Öffentlichkeit stattfindet, und deshalb keinesfalls klassische demokratische Instrumente ersetzen darf, sehe ich genauso. Ich denke, die Einbeziehung dieser Gruppen in die Formulierung von Verordnungen etc. dient weniger der Input-Legitimation als vielmehr der Gewinnung von Expertenwissen, das dazu beitragen kann, dass die Verordnungen inhaltlich gut werden und dann evtl. die Output-Legitimation der EU erhöhen können. Mit dem Stakeholderansatz habe ich mich bislang nicht näher beschäftigt. Was mir auf den ersten Blick daran problematisch erscheint, ist dass es aufgrund des Butterfly-Effect sehr schwer ist, zu bestimmen, wer denn nun von einer bestimmen Entscheidung betroffen ist und deshalb mitentscheiden können soll.

  • Am 22. September 2011 um 22:59, von  Christoph Als Antwort Essay: Zivilgesellschaft ist undemokratisch

    Lieber Daniel, der Stakeholder-Ansatz ist, wie du schon angesprochen hast, sicher auch an der ein oder anderen Stelle problematisch, dennoch könnte er in meinen Augen tendenziell geeigneter sein, als das derzeitige Konsultationsverfahren. Warum ich diesen Artikel jedoch geschrieben habe: Ich finde den Umgang mit der Zivilgesellschaft - aber auch anderen jüngeren Instrumenten, wie der EBI - im europäischen Prozess zu unreflektiert. Speziell im Fall der Zivilgesellschaft wurden offensichtliche Problematiken viel zu einfallslos rhetorisch überspielt und ihr tendenziell Fähigkeiten attestiert, die sie nicht oder nicht in dem attestierten Ausmaß hat. Ähnliches gilt für die EBI, die sogar von einigen Verbänden (auch der JEF) in den Himmel gelobt wird, wo sie in meinen Augen nicht hingehört. Man sollte nicht bei jedem Krümel der vom Tisch fällt gleich in Euphorie ausbrechen. Mit anderen Worten: man darf nicht vergessen, dass Lobbyisten und Experten auch nach diesen Neuerungen kaum an Einfluss verlieren werden und ein Zugewinn demokratischer Input-Qualität bestenfalls vernachlässigbar ist. Die Angewohnheit der EU, jeden Hahnentritt für den großen Wurf zu verkaufen halte ich nicht nur für unredlich, sondern auch für eine besonders unschöne Taktik das Stocken im politischen Integrationsprozess der EU mit Phrasen zu überspielen. Diese dämliche Inszenierung von Politik ist wenig glaubwürdig und könnte am Ende das Vertrauen der Wahlbürger in die Kompetenz der politischen Elite noch weiter untergraben. Vor dem Hintergrund der Krise, die in meinen Augen auch und vor allem eine Krise europäischer Werte, allen voran der Solidarität ist und den flächenbrandartigen nationalen Rückbesinnungswellen in Europa mutet die rhetorische Taktik schon äußerst hilflos an. Es gibt jedenfalls noch genug Stoff für kritische Artikel. Die lebhafte Diskussion mit Martin und dir freut mich jedenfalls sehr! Grüße

Ihr Kommentar
Vorgeschaltete Moderation

Achtung, Ihre Nachricht wird erst nach vorheriger Prüfung freigegeben.

Wer sind Sie?

Um Ihren Avatar hier anzeigen zu lassen, registrieren Sie sich erst hier gravatar.com (kostenlos und einfach). Vergessen Sie nicht, hier Ihre E-Mail-Adresse einzutragen.

Hinterlassen Sie Ihren Kommentar hier.

Dieses Feld akzeptiert SPIP-Abkürzungen {{gras}} {italique} -*liste [texte->url] <quote> <code> et le code HTML <q> <del> <ins>. Absätze anlegen mit Leerzeilen.

Kommentare verfolgen: RSS 2.0 | Atom