Brief an Europa: Wahl in Schweden

, von  Nico Amiri

Brief an Europa: Wahl in Schweden
Die schwedische Flagge. © DreamPixer | pixabay | CC0-Lizenz (https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.en)

Jeden Sonntag widmet sich der „Brief an Europa“ an besondere Menschen oder Themen unserer Zeit. Unser Redakteur Nico richtet sich an die Schwedinnen und Schweden und zieht Bilanz. Er sieht Schweden vor einer wichtigen Entscheidung.

Liebe Schwedinnen, liebe Schweden,

heute wird gewählt! Seit einem Jahrhundert ist die Socialdemokraterna (S), sind die Sozialdemokraten als stärkste Kraft aus den Parlamentswahlen hervorgegangen, heute könnte das skandinavische Musterland vielen Ländern Europas folgen und einen Rechtskurs zumindest wahrscheinlicher machen. Die Roten könnten an der Macht bleiben, vorausgesetzt die Koalitionsbildung funktioniert.

Eigentlich möchte ich meinen Brief nicht wieder den Rechten widmen, doch besorgt mich diese global festzustellende Entwicklung politischer System immer mehr. Auf echte Probleme wie gerechte Entlohnung, überhöhte Mietpreise und die scheinbar ungerechte Behandlung von Alteingesessen und Neuankömmlingen reagieren viele Menschen auf die einfach, populistischen Forderungen wie „Grenzen dicht!“ oder „Alles soll so bleiben wie es ist!“ und unterstützen damit – ob sie es wollen oder nicht – einen rechten, nicht selten rechtsextremen Kurs.

Ich habe gelesen, dass Schweden wegen der „Flüchtlingskrise“ vor einem Rechtsruck stehe. Nein, es sind nicht die geflüchteten Menschen, die den Rechtsruck verursachen werden, es sind die Wählerinnen und Wähler, die meinen, mit einem Kreuz „für ihr Land“ rechts wählen zu müssen. Sie entscheiden sich bewusst zur Protestwahl – von der fraglich ist, wie sehr sie Protest ist und nicht schon Establishment – und das ist ihr gutes Recht.

Aber ich sorge mich um Schweden. Auch nach der Wahl wird das Land so offen wie tolerant, so modern wie stilvoll, doch wird mit dem heutigen Tag wieder etwas Hoffnung verloren gegangen sein. Statt mutige Vision zu unterstützen, wird die Abschottung und geschlossenen Grenzen wieder mehr in den Fokus rücken und als eine Möglichkeit gesehen werden.

Der schwedische Wohlfahrtsstaat, der das skandinavische Land zu dem sozialdemokratischen Musterstaat im Norden Europas gemacht hat, ist längst langsam abgebaut worden. Statt weiter zu sparen und abzubauen, sollte Schweden wieder zu alter Stärke finden. Denn das, was Schweden auszeichnet – Gerechtigkeit, Wohlstand, Offenheit -, das nenne ich Stärke.

Med vanlinga hälsningar, Nico Amiri

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