„Den Mutigen gehört die Zukunft“

Kolumne „Ein Brief an Europa“

, von  Tobias Gerhard Schminke

„Den Mutigen gehört die Zukunft“
Menschen in der Türkei demonstrieren für einen Beitritt zur Europäischen Union. © World Bank / Flickr/ CC BY-SA 2.0-Lizenz

Die Menschen in Deutschland, die Griechenland im Euroraum halten wollen, sind erstmals seit Beginn der Krise in der Mehrheit. Der stellvertretende Chefredakteur von treffpunkteuropa.de, Tobias Gerhard Schminke, schreibt aus diesem Anlass einen Brief an die Europäische Union als Ganzes.

Liebe Europäische Union,

Ich schreibe dir einen Brief, damit du dich freust.

Du hast eine wirklich harte Zeit hinter dir. Gerade bist du ja so etwas wie die Stiefmutter in der Familie der supranationalen Organisationen. Quasi das Kind auf dem Schulhof, was keiner so richtig mag, obwohl es nur ein paar mehr Pickel hat als die anderen. Die Titanic unter den Kreuzfahrtschiffen... Du weißt schon. Es könnte besser laufen.

Griechenlandkrise, Flüchtlingskrise, Terror, Brexit und aus jeder Ecke kriechen Rechtspopulisten, die dich zerstören wollen. Es wirkt ein bisschen so, als wäre es zu Ende mit dir. Man hat den Eindruck, dass du ganz wackelig daherkommst, ganz blass bist du um die Nase. Keine Angst. So ist das manchmal im Leben. Und auch wenn das immer alle sagen; ich meine es auch wirklich so: du bist etwas ganz Besonderes, sei doch ein bisschen stolz auf dich!

28 Staaten in Europa werden nach Jahrhunderten des Krieges keinen Krieg mehr gegeneinander führen. In Spanien, Portugal und auch in Griechenland sinken die Arbeitslosenzahlen. Die Wirtschaft wächst. Alle, die immer auf dir herumgehackt haben, und den Grexit wollten, sind plötzlich verstummt. Erstmals gibt es sogar in Deutschland eine Mehrheit gegen den Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Großbritannien ist aktuell das einzige Land, in dem es möglicherweise eine Mehrheit für einen Austritt des Staates aus der Europäischen Union gibt. Und selbst da ist noch noch alles offen. Sogar Polen steht mehrheitlich klar hinter dir, man protestiert plötzlich für dich, jetzt da es ernst zu werden scheint. Und dass es die dortige Regierungschefin für notwendig hält, vor dem Europaparlament zu sprechen, bildet doch auch nur deine Legitimation ab, die sich selbst in den euroskeptischen Köpfen verankert hat. Die Flüchtlingskrise wird nicht einfach zu lösen sein. Das Leben wäre doch ohne Herausforderungen mehr als uninteressant. Aber wenn du es erst einmal geschafft hast, dann bist du stärker als je zuvor. Lass dich nicht einschüchtern von den Rechtspopulisten. Vergiss nicht: Diese Menschen machen nur zehn Prozent der Bevölkerung in Europa aus. 90 Prozent stehen weiter hinter dir. Von wegen Krise! Lass dir gesagt sein: Wer von Putin finanziert wird, sein Wissen aus Chemtrail-Blogs zieht und seine Zeit damit verbringt SPIEGEL ONLINE-Kommentare zu verfassen, der wird sicher nicht dein Ende einläuten. So wie die Grexit-Befürworter verstummten, werden es die Flüchtlingsgegner auch tun.

Den Mutigen gehört die Zukunft, nicht den Angsthasen.

Mit besten Grüßen

Dein Tobias


In „Ein Brief an Europa“ schreiben unsere Autorinnen und Autoren wöchentlich einer Person oder Institution, die zum Zeitpunkt der Kolumne im europäischen Rampenlicht steht.


Ihr Kommentar
  • Am 14. März 2016 um 00:38, von  kya Als Antwort „Den Mutigen gehört die Zukunft“

    Ich hätte eine Anmerkung zu diesem Artikel: Im vorletzten Satz schreiben Sie „So wie die Grexit-Gegner verstummten, werden es auch die Flüchtlingsgegner tun“. Die Grexit-Gegner sind aber doch diejenigen, die keinen Grexit wollen, also gerade diejenigen, die laut Artikel eben nicht verstummten. Meinen Sie vielleicht die Grexit-Befürworter? :) Ansonsten aber sehr gelungener Artikel!

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