Die Politik des Hasses dringt in Europa ein

, von  Marcelo Martín Abrante, übersetzt von Hannah Luisa Faiß

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Die Politik des Hasses dringt in Europa ein
Santiago Abascal, Präsident der spanischen rechten Partei Vox, bei einer Kundgebung 2018 Fotoquelle: Flickr / Contando Estrelas / CC BY-SA 2.0

Nach und nach ist eine Welle des Hasses in die Parlamente europäischer Länder eingedrungen und könnte nun sogar auch das Europäische Parlament selbst erreichen. Vergleicht man dieses Phänomen mit einer Krankheit, wäre letzteres noch harmloser als der Hass und die Ablehnung, welche bestimmte Arten von Politik fördern und die leider mit erneuerter Kraft in unsere heutige Welt zurückkehren.

Der Zweite Weltkrieg markierte deutlich eine „bevor und danach Dichotomie“ in Bezug auf die Art und Weise wie die europäischen Staaten Politik betrieben. Der Zweite Weltkrieg, wie uns allen bewusst ist, eine Periode von menschlicher Grausamkeit, die auch den Großen Krieg überragte, war für die ganze Welt ein Punkt, zu dem man nie zurückkehren wollte. Nun ist die Frage hier aber, ob wir denn immer noch nicht gelernt haben, dass Hass uns zu Krieg führt?

Wir alle wissen, dass Kriege ihren Preis haben. Ich spreche nicht wirklich von ökonomischen Kosten, sondern beziehe mich vor allem auf die Leben der Menschen. Leider können wir ein Wiederaufleben alter Gebräuche beobachten, die viele für ausgestorben hielten. Viele Reden sind voll von grausamem Unsinn, wenn Politiker*innen ihre Heimatländer als deren Nachbarländern überlegen beschreiben, wenn sie Immigrant*innen niedermachen und wenn sie in ihren politischen Diskurs die „glorreiche Vergangenheit“ ihres Landes innerhalb eines alten historischen Kontexts einbauen.

Ähnliche Muster finden sich auch in den Nachrichten, Zeitungen und im echten Leben. Ein kleiner Teil dieses Wiederaufkommens des Hasses wird durch das tagtägliche Eintreffen von Geflüchteten an den Küsten Europas provoziert. Daher möchte ich darauf hinweisen, dass viele der Menschen aus Afrika oder dem Nahen Osten vor Kriegen fliehen in die der Westen – merkwürdigerweise – involviert ist. Und bezüglich der Migration würde ich gerne einen Satz zitieren, den ich vor kurzem im Internet las: „We are all foreigners somewhere in the world.“ (Deutsch: Irgendwo auf der Welt sind wir alle Fremde.)

Insofern sollten wir uns alle selbst fragen, ob wir uns wirklich eine freie Welt wünschen oder nicht. Ich persönlich hoffe und vertraue darauf, dass zukünftige Generationen weiterhin für unsere Freiheit kämpfen werden, eine Freiheit, die unsere Vorfahr*innen durch große Anstrengungen und Verluste erreicht haben. Für die Freiheit zu kämpfen bedeutet nicht, den Fokus auf Waffengewalt zu setzen wie in der Vergangenheit, sondern zu erkennen, dass wir im 21. Jahrhundert eine viel effektivere Waffe besitzen, und das sind unsere Wahlzettel und unsere abgegebenen Stimmen.

Von den vielen Privilegien, die wir aktuell im Westen haben, ist eines die freie und geheime Wahl, niemand weiß, was du auf deinem Wahlzettel ankreuzt, und dieser Zettel landet dann in den Wahlurnen unserer Demokratien. Allerdings bleiben die Wahlurnen zunehmend leerer wegen eines generellen Interessensverlusts oder eines Vertrauensverlust in die Politiker*innen.

Die europäischen Demokratien rütteln an den Grundpfeilern, welche vermeintlich gesichert waren, wenn scharfe und vereinfachte Diskurse, die Hass anstiften, für Bürger*innen attraktiv gemacht werden. An dieser Stelle möchte ich nicht einzelne Wähler*innen kritisieren, immerhin haben wir alle Wahlfreiheit und können stimmen für wen wir wollen – sei es konservativ, sozialdemokratisch, kommunistisch oder nationalistisch. Während der letzten Wahlen in Spanien, vor allem in Andalusien, fand ein komplettes Verschwinden der sogenannten „gemäßigten“ Politiken statt, die – unabhängig ihrer Ideologien – nicht Hass befeuerten.

Immer wenn ich den Abgeordnetenkongress betrachte, sehe ich, wie die Demokratie, die es so viel kostete erbaut zu werden, verkommt durch Beleidigungen und persönliche Angriffe. Ich weiß nicht genau wie die Situation in den übrigen Parlamenten der europäischen Staaten ist, aber zumindest im spanischen Kongress kann ich immer mehr Hass, persönliche Attacken und mehr Reden, die sich vereinfachender Rhetorik bedienen, beobachten. Und jedes Mal sehe ich weniger Konsens, weniger Respekt.

Der Hass, der hier in Spanien und auch im Rest Europas anwesend ist, geht über Ideologien und Politik hinaus. Er ist etwas, das wir als Menschen selbst lösen müssen, denn niemand ist besser als irgendjemand. Vor allem ist niemand irgendjemandem so überlegen, dass er*sie am oberen Ende einer imaginären Blase wäre, die ein Land vom anderen und eine Kultur von der anderen trennt.

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