DiEM25: Varoufakis sucht die Lösung für Europas Krise

, von  Jérémy Lebourgeois, übersetzt von Benjamin Ziegs

Alle Fassungen dieses Artikels: [Deutsch] [English] [français]

DiEM25: Varoufakis sucht die Lösung für Europas Krise
Der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis stellte die DiEM25 Bewegung im Februar 2016 in Berlin vor. © EU Council Eurozone / Flickr / CC BY-SA 2.0-Lizenz

Die Europäische Union plagt sich seit Jahren mit wirtschaftlichen Krisen, dem Aufstieg rechtspopulistischer Parteien und einem Vertrauensverlust der Bürger. Als Antwort auf diese Probleme der europäischen Demokratie fordert die DiEM25-Bewegung um Yanis Varoufakis transparente Entscheidungsprozesse in der EU und die Wiederbelebung einer gesamteuropäischen Verfassung.

DiEM25 steht für Democracy in Europe Movement 2025 und ist eine junge, europaübergreifende Bewegung, die nach kaum sechs Monaten bereits ihre Bestätigung und Wichtigkeit im aktuellen Kontext gefunden hat. Ihre Leitfrage ist einfach: Wird Europa demokratischer oder wird es sich spalten? Die Bewegung verschafft sich Gehör mit Vorschlägen, wie Europa sich seinen Bürgern wieder annähern könnte und wie man einen fortschreitenden Zerfall der Europäischen Union abwenden kann. DiEM25 konzentriert sich dabei auf ein Manifest, das in elf Sprachen übersetzt wurde und politische Reformvorschläge in verschiedenen Bereichen formuliert.

„Ein Manifest für die Demokratisierung Europas“

So setzt sich DiEM25 für mehr Transparenz bei Entscheidungsprozessen ein. Mittels Streaming sollen Zusammenkünfte des EU-Ministerrates, des Rates für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) oder auch der Euro-Gruppe übertragen werden. Ein verpflichtendes Register von Lobbyisten soll geschaffen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Gleiches gilt für Dokumente, die sich mit Entscheidungen mit Zukunftsfolgen für EU-Bürger befassen sowie Versammlungsprotokollen der EZB-Hauptversammlungen. Mehr als 75.000 Europäerinnen und Europäer unterstützten diese Forderungen mit einer Petition, adressiert an Donald Tusk, Jean-Claude Juncker, Jeroen Dijsselbloem und auch Mario Draghi.

Im kommenden Jahr will die Bewegung einen offensiven Plan zur Bekämpfung der laufenden Wirtschaftskrise in Europa erarbeiten, der die öffentlichen Schulden, Banken, mangelnde Investitionstätigkeit und den Anstieg der Armut umfasst.

Bis 2018 verlangt DiEM25, dass eine neue verfassungsgebende Versammlung ernannt wird – eine Versammlung, die mittels transnationaler Listen gewählt werden würde und deren Aufgabe es wäre, die Europäische Union demokratisch zu reformieren. Das erinnert an 1848, als das Frankfurter Parlament die 38 Staaten des Deutschen Bundes durch eine Verfassung vereinigen wollte. Ein solches Gremium würde eine neue Verfassung einführen, die alle bestehenden europäischen Abkommen ersetzen und dennoch die nationale Selbstbestimmung sowie die Kompetenzaufteilung zwischen europäischem, nationalen, regionalen und kommunalen Parlamenten wahren müsste, damit jedes Problem auf der richtigen Ebene behandelt wird. Die Entscheidungen dieser Versammlung müssten bis 2025 umgesetzt werden, darunter die besagte Europäische Verfassung.

Die europäische Utopie

Utopisch – die Bewegung steht dazu, dass sie das ist. Der europäische Traum ist entzaubert. DiEM25 macht den Versuch, dies rückgängig zu machen. Die Bewegung erweckte im Anschluss an eine Präsentation im Februar 2016 auf der Berliner Volksbühne großes Aufmerksamkeit und konnte seitdem 17.000 Mitglieder für sich gewinnen. Trotzdem muss man zugeben, dass ihre „Markenfigur“ Yanis Varoufakis, der ehemalige griechische Finanzminister unter der Tsipras-Regierung, bleibt, auch wenn andere Persönlichkeiten dazu beitragen, dass die Bewegung an Zuspruch gewinnt, wie zum Beispiel der britische Regisseur Ken Loach, Julian Assange, Gründer von Wikileaks, der deutsche Philosoph Boris Groy und der italienische Intellektuelle Toni Negri – nicht zu vergessen die niederländisch-amerikanische Soziologin Saskia Sassen und der Franzose Julien Bayou, Sprecher der grünen französischen Partei EELV.

Auch wenn die Bewegung zweifelsfrei nicht die Patentlösung der europäischen Krise bietet, so macht sie sich immerhin für ihre Reformvorschläge sowie einen klaren Zeitplan verdient. Sicherlich ist DiEM25 (noch) weit davon entfernt, ihre Ideen zur Anwendung zu bringen und erscheint heute mehr als ein europäischer Think Tank. Dennoch ist dies aber genau die Art von Initiative, die Europa dringend braucht - heute noch dringender als vorher.

Ihr Kommentar
Vorgeschaltete Moderation

Achtung, Ihre Nachricht wird erst nach vorheriger Prüfung freigegeben.

Wer sind Sie?

Um Ihren Avatar hier anzeigen zu lassen, registrieren Sie sich erst hier gravatar.com (kostenlos und einfach). Vergessen Sie nicht, hier Ihre E-Mail-Adresse einzutragen.

Hinterlassen Sie Ihren Kommentar hier.

Dieses Feld akzeptiert SPIP-Abkürzungen {{gras}} {italique} -*liste [texte->url] <quote> <code> et le code HTML <q> <del> <ins>. Absätze anlegen mit Leerzeilen.

Kommentare verfolgen: RSS 2.0 | Atom