Wie Juliane Matthey betonte: „Es ist nicht zulässig demokratische Systeme mit den autoritären zu vergleichen“. Die Türkei ist ein für uns bekanntes Beispiel, wenn man nur allein an Mesale Tolu und Deniz Yücel denkt. Im Deckmantel der Terrorismusbekämpfung werden Journalist*innen verfolgt und verhaftet, meist ohne Anklageschrift. Was nach despotischen Verhältnissen klingt, kann auch in demokratischen Staaten herrschen, die jedoch viel subtiler sind. So ist die Erkenntnis der letzten Jahre, dass kaum ein Staat vollkommene Meinungs- und Pressefreiheit leben kann. Denn die Einschränkungen dessen sind divers: Während die Einschränkungen der Pressefreiheit in autoritären Staaten offensichtlich geschehen, sind die Einschränkungen in demokratischen Staaten subtil, nicht sofort aufzudecken. Oft spielen da rechtsstaatliche Instrumente eine zentrale Rolle, die oft den Nutznießenden der Einschränkungen in die Karte spielen, während Journalist*innen kriminalisiert werden.
Weniger subtil waren die Ermordungen der Investigativjournalist*innen Daphne Caruana Galizia und Ján Kuciak. Sie gaben ihr Leben für vollkommene Transparenz und somit für ein Ende der andauernden Korruption. Während autoritäre Staaten die Kritik im Keim ersticken, ist sie in demokratischen Staaten willkommen. Jedoch finden sich auch in ihnen Mechanismen, um vollkommene Transparenz mit rechtlichen Instrumentarien zu verhindern - und wenn diese nicht helfen, so müssen Journalist*innen, aber auch sonstige Aktivist*innen um ihr Leben fürchten.
Die Strukturen hinter den beiden Morden und ähnlichen Fällen sind nicht leicht aufzudecken und oft spielen Gesetze in die Hände der Täter*innen. So auch wenn man an die aktuelle COVID-19-Pandemie denkt, die Viktor Orbán für weitere Freiheitseinschränkungen nutzt. Das Parlament hat Orbán das Recht zugestanden, per Dekret zu regieren. Seitdem ist das Parlament entmachtet. Wer als Journalist*in Kritik am Regierungshandeln übt, muss mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren rechnen. Die Strafe gibt es für „Falschmeldungen“. Im Rahmen des Notstandsgesetzes ist eine Aushebelung der Demokratie durchaus möglich.
Die Pressefreiheit ist keine Selbstverständlichkeit
Es muss ein Einklang zwischen rechtstaatlichen Prinzipien und der Meinungs- und Pressefreiheit hergestellt werden, denn bislang beschneiden die bisher bestehenden Rechtgrundlagen die Pressefreiheit: Eine Veröffentlichung vertraulicher Dokumente, die wiederum für das öffentliche Interesse relevant sein dürften, kann strafrechtlich verfolgt werden. Julian Assange ist ein lebender Beweis dafür, dass Gerichte gegen Journalist*innen arbeiten könnten. Daphne Caruana Galizia und Ján Kuciak sind tragische Beispiele dafür, dass die Verteidigung der Pressefreiheit mit einem hohen Risiko verbunden ist.
Trotzdem ist es umso wichtiger zivilgesellschaftliche Mittel einzusetzen, um das politische Geschehen mitverfolgen zu können und notfalls eingreifen zu können. Beispielsweise könnten Beobachtermissionen von NGOs Gerichtsprozesse mitverfolgen oder unabhängige Untersuchungskommissionen eingerichtet werden. Auch sind Änderungen im bisherigen Wahlverhalten Indizien dafür, dass die Bevölkerung durch die Medien repräsentiert werden wollen und zugleich eine Möglichkeit haben wollen, das politische Geschehen beobachten zu können, bestenfalls mitgestalten zu können. In stürmischen Zeiten wie diese, in der rechte und antidemokratische Kräfte versuchen, die Presse zu dämonisieren, zudem Journalist*innen attackieren und Falschinformationen produzieren, ist es umso wichtiger, für die Meinungs- und Pressefreiheit zu kämpfen - und somit für die Demokratie.
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