Emmanuel Macrons Idee der Europäischen Universität
Die Zukunft Europas sieht Emmanuel Macron ganz klar in der Bildung. Er hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2024 mindestens 20 europäische Universitäten zu etablieren. Wie diese genau aussehen sollen, ist dabei noch nicht festgelegt. Die Grundidee ist jedoch Folgende: Studierende leben und studieren über einen längeren Zeitraum in mehreren europäischen Ländern. Dabei erlernen sie mehrere europäische Sprachen und bekommen darüber hinaus europäische Werte und kulturelle Vielfalt vermittelt.
Deutsch-dänische Doppelabschlüsse
In Flensburg besteht bereits eine Europäische Universität. Hier studieren etwa 6000 Studenten*innen aus 80 Nationen Studiengänge rund um die Themen Bildung, Europa, Nachhaltigkeit und Management. Die Universität bietet vielfältige Möglichkeiten zum kulturellen Austausch, wie ein internationales Café, in dem sich die Studierenden näher kennenlernen können. Andere Lebensstile und neue Sprachen lernen die Studierenden auch durch die enge Kooperation mit Dänemark kennen: Sie studieren nämlich in beiden Ländern und erhalten deutsch-dänische Doppelabschlüsse.
Deutsch-französische Studiengänge
Universitäten aus Frankreich und Deutschland haben sich längst zusammengetan, um gemeinsam Studiengänge aller Fächer anzubiete. Einige Beispiele: Die Städte Bochum und Tours bieten einen deutsch-französischen Doppelstudiengang im Fach Geschichte an, bei dem ebenfalls ein doppelter Abschluss erworben werden kann. Der binationale Abschluss bietet sehr gute Möglichkeiten, insbesondere für eine Karriere im französischen, sehr restriktiven Schulsystem.
Eine Auseinandersetzung mit den Künsten der beiden Länder bietet die Universität Hildesheim mit der Université de Provence. Neben der Kulturvermittlung als zentrales Anliegen, werden schwerpunktmäßig die Themen Kulturphilosophie und Kulturmanagement im Zuge dieses Studiengangs verfolgt. Die Fachhochschule Dortmund bietet zusammen mit zwei Partnerhochschulen im Fachbereich Wirtschaft den Studiengang International Business an. Im Rahmen dieses Studiums verbringen die Absolventen ein Praxissemester in Frankreich, um tiefere Einblicke in die Kultur und vor allem die Wirtschaft des Landes zu bekommen.
Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder)
Auch hier treffen etwa 7000 Studierende aus ganz Europa zusammen, um Studiengänge der Wirtschafts-, Rechts oder Kulturwissenschaften zu belegen. Die Studierenden und Lehrenden aus über 80 Ländern stehen in enger Kooperation mit etwa 250 Partnerhochschulen, mit denen regelmäßig Austausche erfolgen. Daneben stehen den Studierenden Fremdsprachenangebote im Sprachzentrum der Universität zur Verfügung. Zielsetzung der Universität ist es insesondere, die deutsch-polnische Zusammenarbeit zu fördern und Impulse zur gesamteuropäischen Integration zu geben.
Nordrhein-Westfalen plant Europäische Universität
Auch an der deutsch-niederländischen Grenze ist neuerdings eine europäischeUniversität in Planung. Zwischen Venlo und Nettetal soll die erste Europa-Universität NRWs entstehen. Ziel der neuen Universität ist es, den Europa-Gedanken zu fördern und unter Berücksichtigung des Themas Nachhaltigkeit einen grenzübergreifenden Austausch zu stärken. Der Kooperation der beiden Städte liegt eine lange Tradition zugrunde, die dadurch weiter ausgebaut werden soll.
Um die Universität zu errichten und die Infrastruktur auszubauen müssen die Städte viel Geld in die Hand nehmen. Ein Zuschuss der EU für die Errichtung solcher Universitäten steht ihnen dabei nicht mehr zur Verfügung, da diese Fördermittel unter den neuen Kriterien nur noch an bereits bestehende Universitäten vergeben werden. Jedoch blicken die Städte zuversichtlich der weiteren Entwicklung entgegen und sehen des Projekts auch ohne finanzielle Unterstützung der EU als realisierbar an.
Die Bürger*innen allerdings stehen dem Konzept zu Teilen skeptisch gegenüber, da sie sich keine genauen Vorstellungen von dem Projekt machen können. Auch unter der jungen Bevölkerung herrscht zunächst Skepsis bezüglich des Vorhabens, da sich die meisten Schulabgänger*innen unter dem Namen zunächst nichts vorstellen können. Nachdem das Konzept erläutert wurde, können sich die Schüler*innen der Städte ein Studium an der neuen Universität aber gut vorstellen, wie zwei Schüler gegenüber der Tageszeitung Welt äußerten.
Fazit: Was steht europäischen Universitäten noch im Weg?
Eine europäische Universität bietet auf jeden Fall Chancen, um die eigenen interkulturellen Kompetenzen weiterzuentwickeln sowie Vielfalt zu erfahren und wertzuschätzen. Sie dient weiter dazu, dass Verständnis für Europa zu fördern und wichtige Kompetenzen für internationale Karrieren zu erwerben. Die Ausstellung eines europäischen Diploms würde darüber hinaus eine neue europäische Identität stärken.
Fraglich ist allerdings, in welcher oder welchen Sprachen der Unterricht stattfinden sollte: auf Englisch oder in der Sprache des jeweiligen Landes? Englisch ist als Weltsprache natürlich universell einsetzbar und wird von den meisten Studierenden beherrscht. Mit dem Wechsel der Universitäten innerhalb des Studiums soll aber zudem der Erwerb neuer Sprachen verbunden werden und dieser gelingt am besten, wenn man diese in seinen Alltag integriert, sie also hört und selbst spricht.
Der Erwerb mehrerer Sprachen ist grundsätzlich als sehr positiv zu bewerten und stärkt zudem die europäische Identität. Allerdings hätten Muttersprachler*innen bei Unterrichtseinheiten in ihrer Muttersprache einen erheblichen Vorteil gegenüber denjenigen, die erst dabei sind, diese neue Sprache zu erwerben. Denkbar wäre ebenso, Kurse in verschiedenen Sprachen anzubieten und den Studenten*innen in dieser Hinsicht die Wahl zu lassen. Dies kann aber nur gelingen, wenn genügend personelle und finanzielle Ressourcen zur Realisierung zur Verfügung stehen.
Die Frage der Finanzierung stellt sich auch bei dem Bau neuer europäischer Universitäten: Sollte die EU Fördermittel für die Errichtung von Europa-Universitäten bereitstellen oder nur -wie bereits umgesetzt- bestehende Universitäten finanziell unterstützen? Eine Anreizfunktion, sich für den Aufbau einer solchen Universität zu entscheiden bietet eine gesicherte oder bezuschusste Finanzierung allemal. Das verfolgte Ziel, nämlich die Zusammengehörigkeit in und das Verständnis für Europa zu fördern, sollte aber nicht von finanziellen Zuschüssen abhängig gemacht werden, sondern einem tieferen Gedanken nach Austausch und kultureller Vielfalt entspringen.
Kommentare verfolgen: |