Staats- und Regierungschef*innen können sich nicht auf Spitzenjobs einigen
Der Europäische Rat konnte diese Woche keine Einigung darüber erzielen, wer die Präsidentschaft der Europäischen Kommission, des Europäischen Rates und der Europäischen Zentralbank sowie wer die Hohe Vertretung übernehmen wird. Auch wenn es keine Angelegenheit des Rates ist, wird in der Diskussion auch das Amt des*der Präsidenten*in des Europäischen Parlaments berücksichtigt. Die Notwendigkeit, ein Gleichgewicht zwischen politischen Gruppen, geografischer Verteilung und Geschlechtern herzustellen, hat sich als besonders herausfordernd erwiesen. Obwohl die Europäische Volkspartei bei den Wahlen zum Europäischen Parlament an erster Stelle stand, ist ihr Spitzenkandidat für den Präsidenten der Kommission, Manfred Weber, sowohl bei den anderen Fraktionen im Parlament als auch bei einer Reihe nationaler Staats- und Regierungschef*innen unbeliebt. Insbesondere die Suche nach einem*r Kandidat*in für die Präsidentschaft der Kommission wird nicht durch die aktuelle Spaltung innerhalb des Europäischen Parlaments erleichtert, da jede Fraktion bisher nur ihre jeweiligen Hauptkandidat*innen unterstützt.
Boris Johnson immer noch in Führung für britische Premierministerschaft
Die erste Phase des Führungswettbewerbs der britischen Konservativen Partei ist beendet. Die Stimmen der Abgeordneten haben die Zahl der Kandidat*innen auf nur zwei reduziert: Boris Johnson und der derzeitige britische Außenminister Jeremy Hunt. Als engagierter Brexit-Befürworter und Gesicht der Wahlkampagne bleibt Johnson der Favorit für die Führung der Partei. Hunt, der 2016 Unterstützer für den Verbleib in der EU war, setzt sich jetzt gänzlich für den Brexit ein. Seine Ansätze für den Brexit werden aber als zu nah an denen von Theresa May gesehen, sodass er womöglich nicht wirklich viele Unterstützer*innen innerhalb der Konservativen Partei für sich gewinnen könnte.
Polens Konservative versuchen ausländische Medien einzudämmen
Die polnische Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit" hat Pläne zur „Repolnisierung“ der Medien im Land aufgestellt. Große Teile der polnischen Medien sind im Besitz deutscher und amerikanischer Unternehmen. Die Regierung hat diesen zumeist regierungskritischen Gruppen häufig vorgeworfen, ausländische Interessen zu vertreten. Journalist*innen jener Medienhäuser kritisierten die Idee und argumentierten, sie sei ein Versuch, die Meinungsfreiheit und die Macht der Medien einzuschränken und möglicherweise eine Situation wie in Ungarn zu schaffen, wo unabhängige Medien vollkommen ausgelöscht sind. Der Plan erregte nicht nur bei der EU Besorgnis, sondern auch in Washington, obwohl die Regierungspartei derzeit versucht, enge Beziehungen zur Trump-Regierung aufzubauen.
Trump greift wettbewerbsfähigen Euro an
Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, hielt diese Woche eine Rede, in der er bestätigte, dass die Zentralbank die Zinsen senken oder Staatsschulden der Eurozone kaufen würde, wenn das Wirtschaftswachstum zu schwach werden würde. Während dies vollständig im Zuständigkeitsbereich der EZB liegt und einer erwartbaren Meinung von Draghi entspricht, führte esan der Börse zu einem leichten Rückgang des Euro gegenüber dem Dollar. Donald Trump attackierte die Situation auf Twitter, indem er behauptete, die EZB manipuliere die Devisenmärkte, um den Euro wettbewerbsfähiger zu machen. Es ist nicht das erste Mal, dass Trump Europa wegen seiner Handelsposition gegenüber den Vereinigten Staaten angreift. Erst kürzlich hatte er den Euro als „abgewertet“ beschrieben als Reaktion auf einen Artikel von Bloomberg über den Übertourismus in Europa. Der Tonfall, in dem Trump die europäische Handels- und Geldpolitik kritisiert, erinnert stark an die Haltung des US-Präsidenten gegenüber China, auch wenn die europäische Politik recht anders und viel stärker marktorientiert ist als die chinesische.
Russen wegen Absturzes von Malaysia Airlines Flug MH17 angeklagt
Am Mittwoch gaben niederländische Staatsanwält*innen bekannt, dass sie vier Verdächtige, darunter drei russische Staatsangehörige, wegen des Absturzes des Malaysia Airlines-Fluges MH17 im Jahr 2014 vor Gericht stellen werden. Die Männer werden des Mordes angeklagt, weil sie verdächtigt werden, 298 an Bord befindliche Passagiere und die Besatzung des Flugzeuges durch Benutzung eines Raketenwerfers über der Ostukraine ermordet zu haben. Der Flug war von Amsterdam nach Kuala Lumpur unterwegs, sodass die Zuständigkeit an die Niederlande fiel. Gegen die Verdächtigen Igor Girkin, Sergey Dubinskiy und Oleg Pulatov sowie den ukrainische Staatsbürger Leonid Kharchenko liegen Haftbefehle vor. Es wird vermutet, dass die drei ersten derzeit in Russland, letzterer in der Ostukraine wohnhaft sind. Darüber hinaus gehörten die Russen zum russischen Geheimdienst und sollen die Separatist*innen in der Ostukraine mit den Raketen bewaffnet haben, die das Flugzeug zum Absturz brachten.
EuGH sperrt deutsche Autobahn-Maut
Diese Woche antwortete der Europäische Gerichtshof auf eine von Österreich eingereichte Beschwerde über den Plan Deutschlands, nur Fahrer*innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft die Autobahn-Maut zahlen zu lassen. Letzterer Plan sei nicht mit EU-Recht zu vereinbaren. Deutschland erhebt wie einige andere EU-Länder keine Gebühren für die Benutzung von Autobahnen, die somit nur durch Steuern finanziert werden. Manche Deutsche beschweren sich jedoch darüber, dass Ausländer*innen die Autobahnen kostenlos benutzen, da sie in Deutschland keine Steuern zahlen. Daher hat die CSU auch einen neuen Plan für deren Besteuerung ausgearbeitet. Ihm zufolge müssten Besitzer*innen für in Deutschland registrierte Autos 130 Euro pro Jahr zahlen, wobei der Betrag von der Kfz-Steuer abgezogen werden würde. Nicht-deutsche Fahrer*innen hätten für kürzere Zeiträume Vignetten kaufen können. Laut EuGH sei dies eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, ganz zu schweigen von der Verletzung der Freizügigkeit.
Berlin friert Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen ein
Am Dienstag einigte sich die deutsche Bundeshauptstadt auf eine vorübergehende Einfrierung der Mieten für fünf Jahre ab Januar 2020. Fast 1,5 Millionen Wohnungen sind davon betroffen – Sozialwohnungen oder Neubauten ausgenommen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die Mieten in Berlin in den letzten zehn Jahren verdoppelt haben und viele Menschen es sich nicht mehr leisten können dort zu wohnen, auch weil die Arbeitslosigkeit in Berlin vergleichsweise hoch ist. In Berlin regiert eine Koalition aus SPD, Grünen und Linke. Die Einfrierung der Mietkosten gilt als Pilotprojekt, da die SPD landesweit eine solche gefordert hatte. „Haus und Grund“, Deutschlands größter Immobilienbesitzerverband, beschloss, die Mieten vorzeitig anzuheben, bevor das Gesetz verabschiedet würde.
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