Europas Rolle in einer veränderten Weltordnung

, von  Stefanie Neufeld

Europas Rolle in einer veränderten Weltordnung
Robin Niblett (links) und Oana Popescu (rechts) beim Abschlusspanel des Europacamps 2019 Foto: Anja Meunier

Beim Europacamp der ZEIT-Stiftung vom 26. bis zum 27. April kamen Menschen mit den verschiedensten Hintergründen zusammen. Bei Vorträgen, Expert*innengesprächen und Workshops hatten sie die Möglichkeit, sich aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln mit dem Komplex Europa zu befassen. Das Abschlusspanel beschäftigte sich mit der Rolle der EU in einer sich verändernden Weltordnung.

„Ist Europa noch von Bedeutung?“, lautete die einleitende Frage von Ali Aslan, dem Moderator des Abschlusspanels. Schließlich seien die Menschen in Europa stark gespalten, das Durchschnittsalter steige stetig an [1], die Politik sei zu undurchsichtig und letzten Endes würden wir nicht in einer transatlantisch dominierten Welt leben.

Oana Popescu, Direktorin des Global Focus Center in Bukarest, fragte im Gegenzug, was falsch daran sei, nicht die größte und stärkste Macht der Welt zu sein. Das große Ziel der EU war es zu Gründungszeiten und ist es noch heute in Frieden zusammenzuleben - und das tun wir. Uns Europäer*innen gehe es wesentlich besser, als einem großen Teil der Weltbevölkerung. Die Hauptfrage, die es nun zu beantworten gilt, sei, ob wir gegen die Bedrohungen und Herausforderungen von außen gewappnet seien.

Es sei ohnehin schon schwierig, die EU Außenstehenden zu erklären, meint Robin Niblett, Direktor des Chatham House in London. Ursprünglich dachte man, die Welt würde sich in unsere Richtung entwickeln. Jetzt fühlen sich viele Europäer*innen abgeschnitten von dem Rest der Welt, also dem Teil, der nicht zu Europa gehört. Aber die Welt sei zu gefährlich, um alleine darin zu leben, sagt Niblett. Zusammenhalt ist wichtig, auch mit jenen, die nicht europäisch sind oder es noch werden wollen. So sei auch der Brexit ein Teil des Experiments „Europäische Union“ und wir müssten neu definieren, was die EU bedeutet.

Dass wir den Rest der Welt weniger beeinflussen, als wir es vielleicht ursprünglich erwartet hatten, bedeute nicht, dass wir auch weniger bedeuten würden, erklärt Jan Techau, Senior Fellow und Direktor des Europa-Programms beim German Marshall Fund of the United States in Berlin. Wir haben heute mit einer breiteren Masse an Menschen und Ländern zu tun, die nicht so aussehen und handeln wie wir. „Lasst uns weiterhin tun, was wir tun. Aber lasst es uns besser machen!“ Politik sei unter anderem deshalb weniger interessant geworden, weil Politiker*innen nicht mehr mit den Bürger*innen sprechen würden. Und vor allem würden sie nicht genug mit jenen sprechen, die nicht so aussehen wie sie selbst.

Eberhard Sandschneider, Professor für Internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin vertritt die Meinung, dass wir nicht davon ausgehen dürfen, ein Geschäftsmodell für den Rest der Welt zu haben. China habe ein System, das ganz anders funktioniere als das europäischer Länder. Am Ende des Tages komme es nur darauf an, welches Modell für die Menschen, die damit leben müssen, am besten funktioniert.

Julia de Clerck-Sachsse, Senior Advisor Strategic Planning beim Auswärtigen Europäischen Dienst in Brüssel, beschrieb eines der größten Probleme Europas als folgendes: Parteien und Menschen innerhalb der EU, deren Agenda ganz klar gegen die EU stehe. Wir in der EU müssten ein Beispiel dafür sein, was gute Regierung den Menschen bringen könne. Nur so könne man dann auch illiberale Regierungen von außen die Stirn bieten. Aber heißt das alles, dass die anderen Weltmächte wirklich besser als wir sind? Letzten Endes seien Menschen, die keine Lösungen haben, oftmals sehr gut darin, Kritik von innen auszuüben, meint Julia de Clerck-Sachsse.

Zum Abschluss des Panels waren sich alle Expert*innen einig, dass der hohe Lebensstandard in der EU ein guter Grund dafür sei, weiter für diese zu kämpfen. Oana Popescu schloss mit folgenden Gedanken das Panel ab: Vielleicht sind wir im Sprint nicht die besten, aber auf lange Sicht könnte die EU das Erfolgskonzept sein. Sowohl die Europäische Union als auch die Vereinigten Staaten von Amerika seien Experimente und würden auch nicht immer die besten Entscheidungen treffen. Aber zumindest versuchen wir über alles zu diskutieren - und vor allem versuchen wir, eine gute Demokratie zu sein.

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