Neue Übersetzung: Elections européennes 2024 : 1 élection, 27 nuances de vote

Europawahl 2024: Eine Wahl, 27 Wahlsysteme

, von  Florian Pileyre, Simone Bresser

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Europawahl 2024: Eine Wahl, 27 Wahlsysteme
Symolbild Bild von: Mohammad Hassan / Quelle: Pixabay / Lizenz: Pixabay

Vom 6. bis 9. Juni 2024 sind die rund 400 Millionen Bürger:innen der 27 EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, 720 Abgeordnete zu wählen, die sie in den kommenden fünf Jahren im Europäischen Parlament vertreten werden. Wie gewählt wird, unterscheidet sich jedoch zum Teil erheblich: Die Wahlberechtigten wählen nicht unbedingt am selben Tag, ab demselben Alter oder nach demselben Wahlverfahren. Es folgt ein Überblick über die 27 verschiedenen Arten, in der EU zu wählen

27 Arten, an derselben Wahl teilzunehmen, doch was sagt eigentlich das europäische Recht dazu?

Das europäische Recht schreibt auf zwei Ebenen vor, wie die Europawahlen durchzuführen sind: zum einen durch die EU-Verträge, die den allgemeinen Rahmen bestimmen, und zum anderen durch den „Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Versammlung“ (griffiger bezeichnet als „European Electoral Act“ ).

27 Arten, an derselben Wahl teilzunehmen, doch was sagt eigentlich das Europäische Recht dazu?

Das Europäische Recht schreibt auf zwei Ebenen vor, wie die Europawahlen durchzuführen sind: zum einen durch die EU-Verträge, die den allgemeinen Rahmen bestimmen, und zum anderen durch den „Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Versammlung“ (griffiger bezeichnet als „European Electoral Act“ ).

Grob umrissen führen die Verträge auf, dass das Europäische Parlament aus Vertreter*innen der EU-Bürger*innen besteht, die in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl gewählten werden (Artikel 14 des Vertrags über die Europäische Union (EUV)). Alle EU-Bürger*innen haben das Recht, in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, zu wählen und zu kandidieren, unabhängig davon, welche Staatsbürgerschaft sie besitzen (Artikel 20 und 22 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)).

Mit dem Inhalt von Artikel 223 AEUV wird die Rechtslage komplizierter: „Das Europäische Parlament erstellt einen Entwurf der erforderlichen Bestimmungen für die allgemeine unmittelbare Wahl seiner Mitglieder nach einem einheitlichen Verfahren in allen Mitgliedstaaten oder im Einklang mit den allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsätzen. […]“ Demnach ist es den Mitgliedstaaten überlassen, gemeinsame Wahlregeln zu beschließen oder zumindest eine bestimmte Zahl gemeinsamer Regeln. Die zweite, recht verschwommene Option wurde ausgewählt und findet sich im European Electoral Act.

Jener Akt aus dem Jahr 1976, zuletzt geändert 2018, legt einige Wahlregeln fest, lässt den Mitgliedstaaten jedoch einen großen Spielraum bei der Gestaltung der Europawahl. So muss die Wahl etwa zwingend nach dem Verhältniswahlrecht erfolgen. Allerdings können die Mitgliedstaaten Präferenzwahl zulassen (d.h. die Reihenfolge der Kandidat:innen kann geändert werden) oder eine Sperrklausel einführen, die übertroffen werden muss, um ein Mandat im EU-Parlament zu erhalten.

Solange die allgemeinen Grundsätze, wie „ein Bürger, eine Stimme“ und allgemeine, unmittelbare, freie und geheime Wahl eingehalten werden, haben die Mitgliedstaaten einen großen Handlungsspielraum bei der Organisation der Wahl, insbesondere hinsichtlich des aktiven und passiven Wahlalters, des Wahltages und der Wahlmodalitäten.

Wahltag: Die Niederlande machen den Auftakt!

Abhängig von ihrem Wohnsitzland schreiten die EU-Bürger*innen an unterschiedlichen Tagen zur Wahl. In den Niederlanden ist der Mittwoch traditionell der Wahltag des Landes. Aus historischen und religiösen Gründen werden Wahlen nicht an Freitagen, Samstagen oder Sonntagen abgehalten, da diese Tage in der christlichen und jüdischen Religion zur Religionsausübung vorgesehen sind. Entsprechend musste die niederländische Regierung einen Tag unter der Woche als nationalen Wahltag auswählen. Seit nun fast einem Jahrhundert ist dies der Mittwoch. Da die Wahllokale in der Regel in Schulen sind, müssen diese an jenem Mittwoch ihre Schüler:innen nach Hause schicken.

Allerdings wird den aufmerksamen Leser*innen nicht entgangen sein, dass der 6. Juni ein Donnerstag ist. Daher weichen die Niederländer:innen ein wenig von ihrer Tradition ab. In diesem Jahr werden sie ihre europäischen Abgeordneten an einem Donnerstag wählen. Sie werden somit die ersten sein, die ihre Stimme abgeben, auch wenn sie fairerweise bis zum 9. Juni auf die Ergebnisse warten werden müssen.

Die Niederlande gilt trotzdem als Ausnahme, da 21 der 27 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, am Sonntag, den 9. Juni wählen. Irland wählt am 7. Juni, Litauen, Malta und die Slowakei am 8. Juni. Die Tschechische Republik wiederum überlässt ihren Bürger*innen die Wahl, ob sie am 7. oder am 8. Juni ihr Kreuz setzen. Hinzu kommen einige zusätzliche Ausnahmen, insbesondere in Frankreich, wo die Bewohner*innen der Überseedepartements und Auslandsfranzosen auf dem amerikanischen Kontinent am 8. Juni, d.h. einen Tag vor ihren Landsleuten im Mutterland, wählen..

Es gibt kein Wahlalter!

Wenn es ein Kriterium gibt, das nicht in den europäischen Texten erwähnt wird, die den allgemeinen Rahmen für die EU-Wahl festlegen, dann ist es das Wahlalter. Das Mindestalter, um bei den EU-Wahlen wahlberechtigt zu sein und zu kandidieren, wird von jedem Staat durch nationale Gesetzgebung festgelegt. Für die Mehrheit der Staaten, darunter Frankreich, ist die Volljährigkeit nötig, um seinen Wahlzettel abgeben zu können. Seit einigen Jahren haben jedoch manche Mitgliedsstaaten ihre Wahlregeln geändert, um Jugendlichen ab 17 Jahren in Griechenland, ab 16 Jahren in -Belgien, -Deutschland, -Österreich und -Malta die Möglichkeit zu geben, wählen zu gehen, um die Wahlbeteiligung junger Menschen zu fördern. Im Falle Deutschlands etwa wurde das gesetzliche Wahlalter 2023 geändert, was bedeutet, dass 1,5 Millionen junge Deutsche zusätzlich bei den Europäischen Wahlen ihre Stimme abgeben können (Angabe des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments, Dezember 2023). Das passive Wahlalter variiert noch stärker zwischen den Ländern, von 18 Jahren bis 25 Jahren in Italien und Griechenland.

Mein Land, meine Art zu wählen!

Das Labyrinth der Wahlregeln hört hier nicht auf. So besteht in mehreren Ländern der EU, etwa Belgien, Luxemburg, Griechenland und Zypern, Wahlpflicht. In Belgien kann ein Verstoß gar ein Bußgeld nach sich ziehen!

In einigen Länder, etwa Frankreich, wird für nationale Listen gewählt, in anderen wiederum (z.B. Belgien, Italien und Polen)gibt es mehrere Wahlkreise mit eigenen Listen. Für den Großteil der Mitgliedstaaten ist es möglich, in der Botschaft des jeweiligen Landes zu wählen (manchmal wird eine Registrierung vorausgesetzt). In Spanien und Schweden zum Beispiel kann per Briefwahl gewählt werden und in Estland sogar online.

Aus Sicht der politischen Parteien und Kandidat*innen wird es einfacher sein, in Deutschland, Portugal oder Irland gewählt zu werden, um nur einige Beispiele zu nennen, wo es keine Sperrklausel gibt. In Frankreich, Rumänien und Tschechien hingegen ist es schwieriger, denn jede Liste muss in diesen Ländern mindestens 5 % der Stimmen auf sich vereinen, um einen Sitz im Plenarsaal in Straßburg zu erhalten. Die Sperrklauseln anderer Länder bewegen sich zwischen 1,8 und 5 % der Stimmen.

Schließlich ist es in einigen Ländern sogar möglich, die Reihenfolge der Kandidat*innen auf einer vorhandenen Liste zu ändern oder sie einzeln zu wählen. So haben Iren etwa eine übertragbare Einzelstimme. Das heißt, anstelle von Listen sind die Kandidat:innen auf dem Wahlzettel alphabetisch geordnet. Die Wähler*innen klassieren sie in ihrer bevorzugten Reihenfolge, beginnend mit 1 für ihre Lieblingskandidat*innen. Diese:r muss dann eine Mindestanzahl an Stimmen erhalten, um gewählt zu sein. In einem solchen System benötigt die Stimmenauszählung mehrere Stunden oder sogar Tage.

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