Geben und nehmen - Merkel in der Türkei

, von  Jonathan Ulrich

Geben und nehmen - Merkel in der Türkei
Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei stehen durch den Flüchtlingszustrom nach Europa im Fokus. Foto: Pixabay / PublicDomainPictures / CC0 1.0 Universell (CC0 1.0) Public Domain Dedication

Liegt die Lösung für das Flüchtlingsproblem am Bosporus? Angela Merkel sucht notgedrungen die Zusammenarbeit mit der Türkei und muss dafür Zugeständnisse machen. Die Kooperation mit Erdogan kann jedoch nur ein Teilaspekt der Lösung der Flüchtlingskrise sein - und mündet nicht zwangsläufig in einer besseren EU-Beitrittsperspektive für die Türkei.

Merkels Not

Der innenpolitische Druck auf Angela Merkel wächst. Nicht nur am rechten Rand des politischen Spektrums wird Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik geäußert. Deutschland steht vor einer großen Aufgabe, die nicht alleine zu lösen ist. Rufe von europäischen Politikern wie Martin Schulz oder Guy Verhofstadt nach einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik verhallen wirkungslos zwischen populistischen Parolen und nationalstaatlichem Denken. Deshalb kommt Angela Merkels Hilfeersuchen in der Türkei keinesfalls unerwartet.

Lösungen in der Flüchtlingskrise gesucht

Solange keine Lösung für den syrischen Bürgerkrieg in Sicht ist, werden die Menschen dort weiter ihr Heil in der Flucht suchen. Noch befinden sich die meisten in den Nachbarländern Syriens. Mehr als zwei Millionen Menschen leben alleine in den Flüchtlingslagern entlang der irakischen und syrischen Grenze in der Türkei. Für die Unterbringung und Versorgung dieser Menschen hat Angela Merkel der Türkei finanzielle Unterstützung durch die EU versprochen. Von bis zu drei Milliarden Euro ist die Rede. Eine Aufwertung der Lebensbedingungen in den Nachbarländern Syriens ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ob verbesserte Lebensbedingungen alleine reichen, um die Menschen in der Türkei zu halten oder ob die langfristig verlockenderen Zukunftsperspektiven die Menschen weiterhin nach Europa ziehen, bleibt abzuwarten. An einer gemeinsamen europäischen Lösung für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen innerhalb der EU werden die Mitgliedsstaaten durch eine vertiefte Kooperation mit der Türkei dennoch nicht vorbei kommen.

EU-Beitritt der Türkei

Darüber hinaus versprach Merkel die festgefahrenen Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Türkei wiederzubeleben. Ob dies die Türkei näher an eine EU Mitgliedschaft bringt ist zweifelhaft. Das Thema der nächsten Verhandlungsrunde ist die Wirtschafts- und Währungspolitik. Die Differenzen hier sind nicht entscheidend für den EU-Beitritt der Türkei. Erst die Verhandlungen über die Kapitel 23 und 24 des Beitrittsvertrags, in denen Themen wie Grundrechte, Justiz, Sicherheit, Freiheit und Recht behandelt werden, werden zeigen ob beide Seiten für einen Betritt bereit sind. Themen wie der ungelöste Kurdenkonflikt, die langsame Islamisierung der Türkei oder die Pressefreiheit werfen Fragen auf. Ganz davon abgesehen kann man annehmen, dass die Aussicht auf eine näher rückende Aufnahme eines muslimischen Landes in die EU Wasser auf den Mühlen der immer stärker werdenden rechtspopulistischen Parteien in Europa ist. Ein Beitritt der Türkei zur EU ist durch Merkels Besuch nicht näher gerückt.

Was also bleibt? Erdogan wird versuchen, aus Merkels Besuch Profit für seinen Wahlkampf ziehen und Merkel kann ihren Kritikern zeigen, dass sie aktiv nach Lösungen für das Flüchtlingsproblem sucht. Eine wirkliche Lösung wurde aber nicht erreicht.

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