Politische Konferenzen und ihr Mehrwert

Junge Klimakonferenz Deutschland zur Vorbereitung auf die Weltklimakonferenz

, von  Marcel Kurzawiak

Junge Klimakonferenz Deutschland zur Vorbereitung auf die Weltklimakonferenz
Passend zur COP27 findet auch die LCOY Germany in Lüneburg statt. Foto: LCOY-Team.

In Lüneburg konnten sich die Teilnehmenden vernetzen, den Austausch zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft suchen und bekamen Wissen vermittelt, um Handlungsmöglichkeiten zu finden.

Bei der LCOY Germany (Junge Klimakonferenz Deutschland) in Lüneburg konnten sich die Teilnehmenden vernetzen, den Austausch zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft suchen und bekamen Wissen vermittelt, um Handlungsmöglichkeiten zu finden.

LCOY? Was ist das eigentlich? Zur Übersicht klicken! LCOY steht für die Local Conference of Youth. Diese weltweit organisierten Konferenzen zum Klimaschutz sind Ableger der COY, der Conference of Youth. Auf LCOY’s kommen junge Menschen zusammen, um gemeinsam die Zukunft zu gestalten und Ideen für eine nachhaltigere und umweltfreundlichere Welt zu entwickeln. Seit 2009 organisiert YOUNGO(UNFCCC constituency of Youth Non-Governmental Organizations) als offiziell anerkannte Jugendorganisation in Ergänzung zur UNFCCC (Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen) eine jährliche COY. Sie dient als Plattform für junge Menschen, um sich zu vernetzen, Fachkompetenz zu erlangen und konkrete Vorschläge an die COP (Conference of the Parties) weiterzureichen. Dabei trägt jede LCOY ihre gesammelten Ergebnisse an die COY weiter.

Das dreitägige Konferenzwochenende, in diesem Jahr von Freitag, 28.10.2022 bis Sonntag 30.10.2022, bot den Teilnehmenden jede Menge Expert*innen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, spannende Diskussionen, geballtes Wissen und jede Menge Spaß. Das rund 30-köpfige Organisationsteam der Konferenz arbeitet rein ehrenamtlich und organisiert die Veranstaltung für junge Menschen bereits seit 2019. Gefördert wird die Klimakonferenz vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima.

Das Programm war eingeteilt in sieben Themenfelder: COP27 Klima international, Politik hautnah, Climate Science, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft, Skillbuilding sowie Connect & Create. In Workshops, Vorträgen, Diskussionsrunden oder Streitgesprächen wurden Themen aufgegriffen wie die Energiewende, Medien und Klimakrise, Klimaschutz als Beruf oder alternative Wirtschaftsformen. Im zusätzlichen Rahmenprogramm konnten Teilnehmende die Zeit nutzen um sich unter anderem kreativ mit Klimaschutz auseinanderzusetzen oder ihr eigenes Wissen mit anderen Teilnehmenden zu teilen.



Auf der LCOY Germany begegnen sich die Teilnehmenden auf Augenhöhe, zum Beispiel durch die gängige Duz-Kultur auf der Konferenz.. Foto: LCOY-Team


Tessa-Louisa Molsen ist 17 Jahre alt und aus dem Organisationsteam der LCOY. Sie berichtet, welchen Mehrwert die Arbeit der LCOY Germany nicht nur für Teilnehmende hat.

Was machst du im Team der LCOY?

Tessa: Vor der Konferenz war ich im Content Team, welches das Programm mit dem Bühnenprogramm und den Workshops verantwortete. Ich war dem Themenbereich Climate Science zugeteilt, das heißt ich habe Anfragen per Mail versendet und mögliche Programmbeitragende recherchiert. Dazu gehörte auch die Ausgestaltung von Konzepten für die jeweiligen Programmbeiträge, also wie ein Workshop oder eine Paneldiskussion aussehen könnte. Während der Konferenz hatte ich dann unterschiedliche Aufgaben. Da ich schon etwas früher angereist bin, habe ich erst noch beim Aufbau geholfen. Als es dann richtig losging waren meine Hauptaufgaben die Betreuung der Workshops, Begleitung von Speaker*innen, die technische Betreuung und eine ausgewogene Auslastung der Programmbeiträge zu sichern.

Was waren deine drei Highlights auf der Konferenz?

Tessa: Mein erstes Highlight waren die fast 1300 Menschen, die als Teilnehmer*innen, Speaker*innen oder Helfende gekommen sind! Das ist eine überwältigende Zahl. Mein zweites Highlight war der Science Slam, weil ich die Slammer*innen angefragt habe und eine Slammerin sogar von meiner alten Schule war. Die Themen des Science Slams waren sehr spannend und es hat richtig viel Spaß gemacht, den verschiedenen Redner*innen zuzuhören. Das dritte Highlight war, dass ich sogar einige Freund*innen aus der Schulzeit wiedersehen konnte.

Was hast du vor und während der LCOY Germany gelernt?

Tessa: Allgemein bin ich sicherer geworden im Umgang mit Menschen, die verantwortungsvolle Positionen in Unternehmen, in der Gesellschaft oder in der Wissenschaft übernehmen. Außerdem musste ich sehr selbstständig arbeiten, mitdenken und Probleme in Eigeninitiative lösen. Das hat mich selber total weitergebracht. Während der Konferenz habe eine spannenden Workshop zur Wissenschaftskommunikation besuchen können, der das Missverständnis der Wissenschaft in der Gesellschaft thematisiert.



Während der Konferenz gab es auch Programmpunkte zur Europapolitik. Foto: LCOY-Team


Rasmus Andresen, Europaabgeordneter der Grünen, stellte sich in seinem Programmbeitrag “Frag einen Europaabgeordneten: Rasmus Andresen über EU-Finanzen und den Green New Deal” den neugierigen Fragen der Teilnehmenden.

Was war Inhalt deines Programmbeitrags?

Rasmus: Wir haben im Workshop über die Rolle der EU in der Klimapolitik gesprochen. Die EU hat mit dem Green Deal ein Klimaprogramm vorgelegt, jetzt kommt es im Detail darauf an, wie es ausgestaltet wird. Durch Putins Angriffskrieg wird immer deutlicher, wie wichtig es ist, von fossiler Energie komplett unabhängig zu werden. Der Weg dahin ist noch weit und die EU-Mitgliedsstaaten müssen bereit sein, dazu finanziell solidarischer untereinander zu werden.

Was ist deine Aufgabe in deinem Themenschwerpunkt?

Rasmus: Als Abgeordneter arbeite ich im Europäischen Parlament im Haushalts-, Wirtschafts- und Industrieausschuss. In allen drei Ausschüssen spielt die Klimagerechtigkeit eine große Rolle. Ich versuche im Parlament Mehrheiten für eine ambitionierte Klimagerechtigkeitspolitik mit dem Schwerpunkt Finanzen zu organisieren. Denn: Ohne Geld geht nichts und bisher geben wir viel zu wenig Geld für Klimagerechtigkeit und viel zu viel für alte fossile Strukturen aus.

Was muss die EU tun, um das Thema weiter voranzubringen?

Rasmus: Wir verhandeln zur Zeit im Parlament knapp 20 Gesetze, um die Klimaziele zu erreichen. Manchmal ist mein Eindruck, dass Kolleg*innen aus anderen politischen Fraktionen zu viele Schlupflöcher in die Gesetze verhandeln und sich dadurch zu wenig zu langsam Etwas verändert. Wichtig ist auf alle Fälle gerade auch in der Landwirtschafts- und Mobilititätspolitik noch deutlich ambitionierter zu werden und nicht vor dem Druck der Lobbys einzuknicken.



Rasmus stellt sich den Fragen der Teilnehmenden. Foto: LCOY-Team


Prof. Dr. Thomas Schomerus, Professor für Öffentliches Recht und insbesondere Energie- und Umweltrecht an der Leuphana Universität Lüneburg, behandelte in seinem Programmbeitrag die Frage “Lässt sich Klimaschutz per Gesetz erzwingen?”. Dabei wurde nach Handlungsmöglichkeiten der nationalen Staaten und der EU geschaut. Auch ihn haben wir etwas genauer gefragt:

Was war Inhalt Ihres Programmbeitrags?

Herr Schomerus: Grundfrage war, ob sich Klimaschutz durch Gesetz erzwingen lässt. Hierzu wurde ein Überblick zum internationalen, europäischen und nationalen Klimaschutzrecht gegeben, mit Vertiefungen zum Klimaschutzgesetz und zum Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, und es wurde das Beispiel des Ökodesignrechts erläutert. Hier hat die EU-Kommission einen interessanten Vorschlag für eine Verordnung gemacht, wonach es ermöglicht , sämtliche physischen Produkte mit Nachhaltigkeitsanforderungen zu versehen. Am Ende wurde festgestellt, dass die bestehenden Instrumente des Klimaschutzrechts nicht ausreichen , um die 2 Grad- bzw. 1,5 Grad Leitplanke einzuhalten. Weiterreichende, innovative Instrumente sind erforderlich, die hohe Anforderungen an die „Instrumentenbauer“ stellen. Letztlich sind Gesetze in Buchstaben geronnene Politik, Regierung und Gesetzgeber müssen Veränderungen wollen und die Bürger*innen diese akzeptieren.

Was ist Ihre Aufgabe in Ihrem Themenschwerpunkt?

Herr Schomerus: Meine persönliche Aufgabe sehe ich darin, aus der Position der Wissenschaft heraus Gesetzesänderungen anzuregen. Hierzu arbeite ich ständig an mehreren interdisziplinären Projekten, z.B. zum Kohleausstieg, zur Wärmespeicherung oder zum Ausbau der Offshore-Windenergie und weitere Themen.

Was muss die EU tun, um das Thema weiter voranzubringen?

Herr Schomerus: Die EU ist ein sehr wichtiger, wenn nicht der wichtigste Akteur für uns, denn sie hat weitreichende Gesetzgebungskompetenzen für Umwelt-, Klimaschutz- und Energierecht. In der Tat gehen wesentliche Impulse bereits von der EU aus, z.B. mit dem Green Deal. Natürlich ist hier immer noch mehr möglich, und es gilt darauf zu achten, dass sinnvolle Vorschläge wie z.B. der genannten Ökodesign-Verordnung nicht durch dagegen gerichtete Lobbyarbeit oder „unwillige“ Mitgliedstaaten blockiert werden.

Im November findet nun also die UN-Klimakonferenz 2022, kurz COP 27, vom 07.11.2022 bis zum 18.11.2022 in Sharm El-Sheikh, Ägypten, statt. Die COP 27, die eigentlich im vollen Titel Conferences of the Parties to the United Nations Framework Convention on Climate Change heißt, ist das 27. Treffen der Vertragsparteien, um über Klimaschutz zu beraten.

Was ist die COP27 genau? Zur Übersicht klicken! Jedes Jahr treffen sich auf der Weltklimakonferenz die Staats- und Regierungschef*innen der Welt, um über die Klimakrise zu diskutieren. Seit 1995 bringen die Vereinten Nationen im Rahmen des Rahmenübereinkommens (UNFCCC) Vertreter*innen aus 190 Ländern zusammen, um sich über den Umgang mit dem Klimawandel zu einigen und ihre Klimapolitik gemeinsam voranzubringen. Die diesjährige Weltklimakonferenz steht unter dem Motto Together for just, ambitious implementation NOW („Gemeinsam für eine gerechte, ambitionierte Umsetzung JETZT“).

Auch während der COP gibt es viele Menschen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft, die sich vor Ort in ihren sogenannten “Ländertreffpunkten” (auch bekannt als Länderpavillons) vernetzen, austauschen und diskutieren - also, wie auf der LCOY, nur deutlich größer und internationaler. Die Besucher*innen der Konferenz versuchen während ihrer Zeit vor Ort auch mit den Politiker*innen ins Gespräch zu kommen, um die für sie wichtigsten Themen der Klimapolitik entsprechend zu adressieren. Hintergrund ist, dass die Verhandlungen der Politiker*innen auf der COP geheim stattfinden. Durch die vielen Besucher*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft auf der COP erhalten die Politiker*innen einen Einblick, welche Schwerpunkte in der aktuellen Klimapolitik am dringlichsten sind.

Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass auch junge Menschen in Deutschland zusammenkommen, um sich mit dem Thema Klima auseinanderzusetzen. Nur so können ihre Sorgen, Forderungen und Wünsche entsprechend an die deutschen Vertreter*innen und somit an die Politiker*innen der COP weitergegeben werden. Denn: Wenn sich einige zusammentun, kann Großes entstehen. Dann können Ideen gefunden werden, wie die Klimakrise aufgehalten werden kann. Deswegen ist es umso wichtiger, dass sich junge Menschen engagieren und mit der jungen Klimakonferenz LCOY anderen jungen Menschen eine Plattform schaffen.

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