Kurz erklärt: Mehrjähriger Finanzrahmen

, von  Fiona Faas

Kurz erklärt: Mehrjähriger Finanzrahmen
Der Mehrjährige Finanzrahmen legt fest, wie viel die EU wofür ausgeben kann. Foto: Unsplash / Markus Spiske / Unsplash License

Am 17. und 18. Juli treffen sich die Staats- und Regierungschef*innen der EU, um über den Mehrjährigen Finanzrahmen zu sprechen. Mit seiner Hilfe entscheidet die Europäische Union alle sieben Jahre über ihre künftigen Finanzen. Während seiner Ratspräsidentschaft kommt Deutschland die schwierige Aufgabe zu, den nächsten EU-Haushalt für 2021 bis 2027 zu verhandeln. Wir erklären, was der Mehrjährige Finanzrahmen macht und warum eine Einigung so lange dauert.

Was ist der Mehrjährige Finanzrahmen?

Mithilfe des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) plant die EU für einen Zeitraum von jeweils sieben Jahren ihre finanziellen Ausgaben und Einnahmen. Der MFR bestimmt, wie viel Geld die EU in dieser Zeit für die einzelnen Politikbereiche ausgeben kann. Damit setzt die EU mittelfristige, politische Schwerpunkte, in die ihr Geld fließt. Dazu zählen im MFR von 2014 bis 2020 die Bereiche Wettbewerbsfähigkeit, Strukturpolitik, Natürliche Ressourcen, Innen- und Sicherheitspolitik, Europa in der Welt und Verwaltung. Innerhalb dieser Bereiche teilt sich das Geld auf konkrete EU-Programme und Maßnahmen auf. Außerdem legt die EU fest, woher ihre Einnahmen kommen. Die größte Einnahmequelle sind Beiträge der Mitgliedstaaten selbst, sogenannte Eigenmittel, die von der Wirtschaftskraft, genau genommen dem Bruttonationaleinkommen, des jeweiligen Landes abhängig sind.

Der MFR hat zwei entscheidende Vorteile: Zum einen hilft er der EU, ihre Finanzen im Blick zu behalten, und gibt den Empfänger*innen von EU-Geldern Planungssicherheit. Aus diesem Grund trug er bis zum Vertrag von Lissabon 2009 den Namen „Finanzielle Vorausschau“. Er bildet zum anderen die Grundlage für die jährlichen EU-Haushaltspläne und legt dabei Obergrenzen für die verschiedenen Themenbereiche fest. Diese sorgen dafür, dass das zur Verfügung stehende Geld nicht auf einen Schlag ausgegeben, sondern auf sieben Jahre aufgeteilt wird.

Wofür gibt die EU aktuell ihr Geld aus?

Im aktuellen Zeitraum von 2014 bis 2020 stehen der EU insgesamt 1.082 Milliarden Euro zur Verfügung. Der Großteil des Geldes, knapp über 70 Prozent, fließt in die Kohäsions- und die Agrarpolitik, die als traditionelle Politikbereiche der EU gelten. Die Kohäsionspolitik hat zum Ziel, die unterschiedlichen Lebensverhältnisse und Entwicklungsunterschiede in den verschiedenen Regionen Europas anzugleichen. Ein wichtiges Förderprogramm dafür ist zum Beispiel der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Die Agrarpolitik fördert in erster Linie Landwirt*innen, die Attraktivität des ländlichen Raums und eine nachhaltige Bewirtschaftung.

Weiter richtet die EU ihr Augenmerk auf Forschung und Innovation, die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und Bildung. Zu den bekanntesten, von der EU finanzierten Programmen zählt Erasmus+: Es ist im aktuellen MFR mit 14,7 Milliarden Euro ausgestattet und bietet damit 3,7 Prozent aller jungen Europäer*innen die Möglichkeit, im Ausland zu studieren, ein Praktikum zu absolvieren oder einen Freiwilligendienst zu leisten.

Welche Schwierigkeiten gibt es bei den Verhandlungen für den MFR 2021-2027?

Ursprünglich hatte die Europäische Kommission 1.100 Milliarden Euro für den nächsten MFR von 2021 bis 2027 vorgeschlagen. Obwohl die Verhandlungen über die Höhe der Ausgaben und die konkrete Verteilung auf die Politikbereiche schon lange laufen, scheint eine Einigung besonders schwierig. Das ursprüngliche Ziel war, den kommenden Sieben-Jahres-Haushalt der EU vor den Wahlen zum Europäischen Parlament 2019 zu verabschieden. Dass das nicht gelungen ist, hat mehrere Gründe:

  • 1. Die Entscheidungsfindung in der EU ist komplex: Der MFR muss einstimmig vom Rat der EU beschlossen werden. Dort sitzen die Fachminister*innen der EU-Mitgliedstaaten, sodass alle Länder dem MFR-Entwurf zustimmen müssen. Es wird Deutschlands Aufgabe sein, zu vermitteln und einen Kompromiss zu finden.
  • 2. In den letzten Jahren sind neue Schwerpunktthemen wie beispielsweise ein effektiver Klimaschutz, eine gemeinsame Migrationspolitik oder eine Digitalisierungsstrategie in den Fokus gerückt. Sie verlangen eine Umverteilung der Gelder. Gleichzeitig sollen aber auch bestehende Schwerpunkte weiterfinanziert werden.
  • 3. Mit seinem Austritt aus der EU hinterlässt das Vereinigte Königreich eine finanzielle Lücke im Haushalt: Die Mitgliedstaaten bekommen nämlich nicht nur Geld, sondern müssen auch einen Teil ihres Bruttonationaleinkommens abgeben. Dadurch steigt der Unmut bei den sogenannten Nettozahlern, also Ländern, die mehr in den EU-Haushalt einzahlen, als sie ausgezahlt bekommen.
  • 4. Aufgrund der Corona-Pandemie soll der MFR für den Zeitraum 2021 bis 2027 durch das von der EU-Kommission vorgeschlagene Wiederaufbauprogramm „Next Generation EU“ gestärkt werden: Er könnte auf rund 1.850 Milliarden Euro aufgestockt werden.

Wie steht Deutschland zur Ausgestaltung des MFR 2021-2027?

Der Bundesregierung ist viel daran gelegen, die EU-Haushaltsmittel mit der Einhaltung von rechtsstaatlichen oder nachhaltigen Prinzipien zu verknüpfen. Außenminister Heiko Maas spricht sich außerdem für „eine faire Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten und eine angemessene Mittelausstattung für unsere Bundesländer“ aus.

Diese Position wird Deutschland auch in die Verhandlungen einbringen, wenn sich die Staats- und Regierungschef*innen der EU am 17. und 18. Juli zu einer Sondersitzung über den MFR 2021-2027 treffen. Es bleibt zu hoffen, dass eine Einigung gelingt: Ein weiterer Aufschub würde die Funktionsfähigkeit der EU in den nächsten Jahren gefährden – denn der Mehrjährige Finanzrahmen ist kein wirtschaftswissenschaftliches Nischenthema, sondern das wichtigste Instrument für die Finanzplanung und Grundlage für die Förderpolitik der EU.

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