Polen: Gründe für Beata Szydlos Rücktritt und die Ernennung eines neuen Ministerpräsidenten

, von  Nicolas Filippi, übersetzt von Jagoda Pokryszka

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Polen: Gründe für Beata Szydlos Rücktritt und die Ernennung eines neuen Ministerpräsidenten
Am 7. Dezember ist die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo zurückgetreten. Finanzminister Mateusz Morawiecki (rechts) wird das Amt übernehmen. Foto: Number 10 / Flickr / Attribution-NonCommercial-NoDerivs 2.0 Generic (CC BY-NC-ND 2.0)

Am 7. Dezember ist die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo zurückgetreten. Finanzminister Mateusz Morawiecki wird das Amt übernehmen.

Es ist eine dramatische Wendung in der polnischen Politik. Ministerpräsidentin Beata Szydlo ist am am 7. Dezember zurückgetreten, nachdem sie von dem Vorsitzenden der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) Jaroslaw Kaczynski zurückgestellt worden war. Nur einen Monat, nachdem sie sich mit Emmanuel Macron getroffen hat, um die Streitpunkte der geplanten Reform über die entsandten Arbeiter zu besprechen. Ersetzt wird sie von dem Finanzminister und ehemaligen Banker Mateusz Morawiecki, der als besserer Schlichter der Konflikte mit der EU gilt.

Beata Szydlo – allein gegen alle

Szydlo wurde 2015 zur Ministerpräsidentin ernannt. Seitdem hat ihre Regierung Gesetze durchgesetzt, die den Rechtsstaat bedrohen. Hiermit wurde Polen neben Ungarn zum Feind Nummer eins der EU, weil Rechtsstaatlichkeit die Grundvoraussetzung für den EU-Beitritt ist. Aber Polen stürzt weiterhin in den Autoritarismus ab. Zum Beispiel wurde letztens entschieden, keine Urteile des Verfassungsgerichts mehr zu veröffentlichen, der doch für die Umsetzung des Grundgesetzes zuständig ist.

Die ultrakonservative Ministerpräsidentin Beata Szydlo hat 2015 die europäische Migrationspolitik scharf kritisiert. Sie hat das Umsiedlungsprogramm der syrischen Flüchtlinge abgelehnt. Sie hat gemeint, dass Polen um ihre Sicherheit bangen würden. Manche Regierungsmitglieder haben geglaubt, dass die Flüchtlinge Terroristen wären. Die EU erwägt den Stimmenentzug von Polen wegen der gegen europäische Werte verstoßenden Gesetze.

Als Antwort auf diese Restrukturierung reagiert die Parteisprecherin Beata Mazurek wie folgt: „Das zeigt, wie wir im Ausland wahrgenommen werden, wie die Beziehungen zu unseren Partnern ausschauen, warum wir entweder unterstützt oder angegriffen werden. All das hat einen Einfluss auf die Entscheidung der Regierung“. Beata Szydlo wurde zur Ministerpräsidentin von ihrem kontroversen Mentor Jaroslaw Kaczynski ernannt. Nun wird sie wegen Euroskeptizismus ersetzt. In der neuen Regierung übernimmt sie die Funktion der Vize-Ministerpräsidentin.

Wird Mateusz Morawiecki Konflikte mit der EU lösen?

Der neue, multilinguale Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat in Polen, Deutschland, der Schweiz und den USA studiert. Bis 2015 war er Chef der Bank Zachodni WBK, dann schloss er sich der PiS-Regierung an, wurde Entwicklungsminister und stellvertretender Ministerpräsident. 2016 wurde er zudem Finanzminister. Er konnte Jaroslaw Kaczynski für sich gewinnen. Auf diese Weise wurde er selbst Ministerpräsident. Seine Aufgabe liegt darin, ein milderes Bild Polens in der EU zu verbreiten.

Morawiecki ist politisch deutlich gemäßigter als Szydlo und hat das völlige Vertrauen von Jaroslaw Kaczynski gewonnen, wodurch es ihm in seiner Zeit als Finanzminister gelang, den sogenannten „Morawiecki Plan“ durchzubringen. Der auf Keynes Theorie basierende Plan sollte Polen unabhängiger von den ausländischen Investitionen machen und die Kontrolle über die Banken zurückgewinnen. Inzwischen ist es Morawiecki gelungen, das Kindergeldsystem einzuführen und gleichzeitig wirtschaftsfreundlich zu bleiben.

Der eifrige Verfechter des Sozialstaates wird noch ein paar Kämpfe führen müssen. Zunächst muss er das Vertrauen der EU zurückerobern, die gerade das Gerichtsverfahren gegen Polen aufgrund der Ablehnung der EU-Flüchtlingsverteilungsquoten eingeleitet. Obwohl er als moderater gilt, bleibt er weiterhin Schützling Jaroslaw Kaczynskis, der die Karten ausgibt und die Politik in Polen kontrolliert.

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