Politische Bewegungen: Warum du nicht auch noch eine gründen solltest

, von  Vincent Venus

Politische Bewegungen: Warum du nicht auch noch eine gründen solltest
In Y Politik stellen sich Tanja Hille und Vincent Venus Warum-Fragen abseits der Tagespolitik und gewöhnlichen Debatten. Foto: Capital Headshots Berlin Foto: Vincent Venus, zur Verfügung gestellt für treffpunkteuropa.de

In Y Politik stellen sich Tanja Hille und Vincent Venus Warum-Fragen abseits der Tagespolitik und gewöhnlichen Debatten. Die Argumentationsmeisterin und der Kampagnero suchen aus unterschiedlicher Perspektive eine Antwort – und Du kannst abstimmen, ob sie Dich überzeugen. Spätestens am Ende jeder Folge geben sie Dir noch etwas Nützliches als Zugabe mit auf den Weg.

Ausgewählte Folgen erscheinen auf treffpunkteuropa.de im Rahmen einer Partnerschaft.

Politische Bewegungen sind hip! Die junge Generation will ihr eigenes Ding machen und meidet etablierte Strukturen. Wir argumentieren dagegen. Anhand zweier Beispiele zeigen wir in Folge 4, welche Nachteile Neugründen mit sich bringt und warum bestehende Organisationen einen Versuch verdient haben. Aber wenn ihr am Ende der Folge immer noch euer Projekt starten wollt, dann hört in die Zugabe rein, in der wir euch zwei Hilfsmittel empfehlen. Denn wenn schon alles neu machen, dann auch besser.

Das Phänomen: Politische Bewegungen

Politische Bewegungen verfolgen ein gesellschaftspolitisches Ziel, das unabhängig vom etablierten Parteien- und Institutionensystem erreicht werden soll. Zum einen wird es in digitalen Zeiten immer einfacher, sich dezentral zu vernetzen und sich zu einer Bewegung zusammenzutun. Zum anderen klingt es auch wesentlich schicker und hipper, sich in einer Bewegung zu engagieren als zum Beispiel in einer Partei. Fast 15 Millionen Personen waren im Jahr 2017 in Deutschland ehrenamtlich tätig, aber nur ein kleiner teil davon politisch aktiv und noch weniger Mitglied von politischen Bewegungen.

Zivilgesellschaft und Stand up for Europe

In der Zivilgesellschaft stehen sich zwei Lager gegenüber: die “Alte Zivilgesellschaft”, mit vielen Mitgliedern, Ortsgebundenheit und Kongressen, gegen die “Digitale Zivilgesellschaft”, mit wenigen Aktivisten, zentraler Organisation und Onlinetools

Stand up for Europe gehört zu letzteren und versteht sich als Bürgerbewegung, die Hoffnung auf eine bessere europäische Zukunft schaffen will. Obwohl sie sich erst im Dezember 2016 aus drei Organisationen gegründet hat, sind bereits 1.600 bei ihnen Mitglied und 120.000 Fans ihrer Facebook-Seite. Trotzdem gibt es zwei Probleme mit “Stand up for Europe”.

Zum einen verfolgt die Organisation die gleichen Ziele, wie die Jungen Europäischen Förderalisten (JEF) und die Union Europäischer Föderalisten (UEF) – hat sich also klar als Konkurrenz gegründet, obwohl der europäische Föderalismus bereits schwach aufgestellt ist. Jetzt gilt: Volksfront von Judäa gegen Judäische Volksfront.

Zum anderen erscheint die Demokratie innerhalb von “Stand up for Europe” schwach ausgeprägt zu sein, wie die gescheiterten Vorstandswahlen auf dem Konvent Anfang November 2017 gezeigt haben. Bis Februar 2018 müssen diese laut DelegiertenMitgliederbeschluss* wiederholt werden. Dann wird sich zeigen, ob alle in der bisherigen Verbandsführung auch mögliche Abwahlen akzeptieren oder der Verband auseinanderbricht.

Das Plädoyer: verbindet das Alte mit dem Digitalen, bringt neue Ideen in etablierte und demokratisch organisierte Strukturen ein, anstatt euer eigener Boss sein zu wollen.

Parteien: Demokratie in Bewegung

Demokratie in Bewegung (DiB) hat sich im April 2017 als Partei im links-progressiven Spektrum neu gegründet. Sie ist formal damit als Partei organisiert, sieht sich selbst aber als Bewegung fernab der alten und etablierten Parteien. Auch wenn es begrüßenswert ist, dass DiB die Parteienlandschaft aufrütteln und Demokratie neu zu denken will, sprechen gegen Parteineugründungen vier Mythen über das Engagement in einer neuen Partei:

  1. Es ist leichter, sich einzubringen
  2. Es ist einfacher, sich mit den Positionen zu identifizieren
  3. Die Organisationsstrukturen sind moderner
  4. Man hat mehr Macht und Einfluss

Fazit der Folge 4 von Y Politik

Überlegt, welche Motivation ihr habt. Geht es darum, selbst zu glänzen oder wirklich um die Sache? Wenn es um die Sache geht, dann versucht es erst bei bestehenden Organisationen. Die bieten eine Grundlage, sind demokratisch verfasst und lechzen nach motivierten jungen Köpfen. Tretet lieber mit hundert Menschen in eine etablierte Organisation ein und verändert diese, als mit hundert Menschen eine neue Bewegung zu gründen.

Falls ihr trotz aller Gegenargumente immer noch eine neue politische Organisation gründen wollt, dann empfehlen wir euch:

Der NGO Leitfaden stellt vieles vor, das ihr zu einer Neugründung braucht, z.B. Projektmanagementtools, Content-Strategien oder Videogrundlagen. Er ist kostenlos und auf Deutsch.

Der Campaigning Guide liefert einen schnellen Rundumblick, was ihr bei einer Kampagne beachten müsst: vom Unterschied zwischen Bildung und Mobilisierung, über SMARTE Ziele, wie man Menschen vom Liken zum Machen bewegt oder wie man mit der Presse umgeht. Er ist in der Digitalversion kostenlos und auf Englisch.

Du möchtest dich doch lieber als Mitglied in einer bestehenden Partei engagieren? Auch gut. Sie brauchen junge Engagierte:

 

*Danke für diesen Hinweis an ein Stand up for Europe-Vorstandsmitglied. Korrigiert am 8. Januar 2018.

Ihr Kommentar
Vorgeschaltete Moderation

Achtung, Ihre Nachricht wird erst nach vorheriger Prüfung freigegeben.

Wer sind Sie?

Um Ihren Avatar hier anzeigen zu lassen, registrieren Sie sich erst hier gravatar.com (kostenlos und einfach). Vergessen Sie nicht, hier Ihre E-Mail-Adresse einzutragen.

Hinterlassen Sie Ihren Kommentar hier.

Dieses Feld akzeptiert SPIP-Abkürzungen {{gras}} {italique} -*liste [texte->url] <quote> <code> et le code HTML <q> <del> <ins>. Absätze anlegen mit Leerzeilen.

Kommentare verfolgen: RSS 2.0 | Atom