Im Zentrum der Balkaninsel gelegen grenzt der Kosovo an Serbien, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Albanien und Montenegro. Das Landschaftsbild zeichnet sich durch viel Natur und teilweise Hochgebirge aus; 42% des Staatsgebietes sind Waldfläche, nur 5% werden für den Siedlungsbau genutzt. In der Hauptstadt Prishtinë/Priština, welche die größte Stadt des Landes ist, leben knapp 200.000 Menschen, was etwa einem Achtel der Gesamtbevölkerung (etwa 1,74 Millionen Menschen) entspricht. Auch wenn im Kosovo grundsätzlich sehr viele Ethnien vertreten sind, ist die überwiegende Mehrheit der Menschen im Kosovo (über 90%) albanischen Ursprungs; die größte Minderheit repräsentieren die Serben mit etwa 4%, weitere Minderheiten stellen den Rest der Bevölkerung. Artikel 8 der Verfassung definiert den Kosovo als säkularen Staat; Religionszugehörigkeit ist dennoch weiter verbreitet als Atheismus, sodass der Großteil der Bevölkerung dem Islam, meist in sunnitischer Glaubensrichtung, angehört.
Kosovo-Krieg: diplomatische Folgen bis heute
Seit seiner Unabhängigkeit ist der Kosovo in Form einer Republik mit parlamentarischer Demokratie organisiert. Diese Unabhängigkeit ist jedoch eine relativ neue Errungenschaft, da der Kosovo erst seit 2008 ein souveräner Staat ist – zuvor war er Teil Serbiens. Ab 1998 begannen innerstaatliche Auseinandersetzungen zwischen der „Befreiungsarmee des Kosovo“, welche für die Unabhängigkeit des Kosovo kämpfte, und der serbisch-jugoslawischen Armee bzw. serbischen Ordnungskräften kämpfte. Diese Auseinandersetzungen entwickelten sich schnell zu einem blutigen Krieg, der verheerende Menschenrechtsverletzungen mit sich brachte, weshalb in der UN-Sicherheitsrat in einer Resolution als „Bedrohung für den Weltfrieden“. 1998 schien die Situation sich auf Grund der darauf folgenden diplomatischen Beziehungen zu entspannen, allerdings kam es bereits zu Beginn des Jahres 1999 zu erneuten Ausschreitungen. Der Vertrag von Rambouillet konnte nicht zu einer Lösung beitragen, da die jugoslawische Delegation die Unterschrift verweigerte; stattdessen war es eine NATO-Operation, die die Kampfhandlungen beendete. Anstelle eines Friedensvertrags stand am Ende des Konflikts die UN-Resolution 1244, nach welcher der Kosovo zwar offiziell serbisches Staatsgebiet blieb, aber de facto der Verwaltungshoheit der UN-Mission UNMIK unterstellt war.
Zu einer dauerhaften Konsolidierung des Kosovo konnte diese Lösung jedoch nicht beitragen: Bereits im Jahr 2004 flammten erneut Kämpfe auf, diesmal griffen radikale kosovo-albanische Gruppen die serbische Minderheit an. In Folge dessen begann ein von der UN beschlossener Dialog über den Status des Kosovo, welcher 2008 mit einem Vorschlag zur „bedingten Unabhängigkeit“ unter Aufsicht der internationalen Gemeinschaft. Am 17.02.2008 erklärte der Kosovo seine Unabhängigkeit, wenige Monate danach trat die Verfassung in Kraft und die EULEX-Mission begann.
Für die diplomatischen Beziehungen des Kosovo wirft dieser Prozess der Unabhängigkeit einige Probleme auf. Da die Abspaltung von Serbien von einigen Staaten, wie beispielsweise den USA oder fast allen EU-Mitgliedsstaaten, als legitime Abspaltung im Sinne des Selbstbestimmungsrechts der Völker angesehen, wohingegen andere Staaten, darunter unter anderem Russland und China, die Unabhängigkeit des Kosovo als völkerrechtswidrig betrachten. Auch wenn der Internationale Gerichtshof 2010 zu dem Urteil gelangte, dass die Unabhängigkeit des Kosovo nicht im Widerspruch zum Völkerrecht steht, bringt dieser Zustand insofern Probleme, dass der Kosovo in seinen diplomatischen Beziehungen stark eingeschränkt ist, da er nur von knapp mehr als der Hälfte der UN-Mitgliedsstaaten anerkannt ist.
Entspannung nach außen, aber innere Spannungen bleiben
Dennoch bemüht sich der Kosovo um eine Integration in das System der internationalen Gemeinschaft, beispielsweise durch eine Annäherung zu EU und NATO. Zwar hat der Kosovo noch keinen Antrag auf EU-Beitritt gestellt, aber da die EU grundsätzlich an stabiler Nachbarschaft interessiert ist und der Kosovo von Finanzhilfen für zukünftige Beitrittsstaaten profitiert, ist nicht auszuschließen, dass der Kosovo in Zukunft einen entsprechenden Antrag stellen wird und die EU sich grundsätzlich verhandlungsbereit zeigen wird, sofern die notwendigen Kriterien erfüllt sind. Damit vor allem das Kriterium der regionalen Stabilität – für Balkanstaaten ein zusätzliches Kriterium für die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen – erfüllt ist, fördert die EU den Dialog zwischen Kosovo und Serbien. Seit 2013 haben die Beziehungen zwischen den beiden Staaten begonnen, sich zu normalisieren; auch mit den anderen Staaten der Region unterhält der Kosovo gute Beziehungen.
Während die diplomatisch-außenpolitische Situation des Kosovo sich trotz einiger Schwierigkeiten kontinuierlich verbessert, stagniert die wirtschaftliche Leistung: Der Kosovo bleibt das ärmste Land auf dem Balkan, auch im regionalen Vergleich ist das Durchschnittsgehalt von 300-400 € im Monat sehr gering. Da das Investitionsklima schlecht ist, konnte der Kosovo zwar Wirtschaftswachstum verzeichnen, nachhaltig ist dieses jedoch nicht. Die wirtschaftliche Situation ist nicht selten der Grund, weshalb Menschen aus dem Kosovo fliehen. Auch wenn sich die Menschenrechtssituation nach dem Freedom House Index, welcher bürgerliche Freiheiten und politische Rechte misst, verbessert hat, wird der Kosovo noch immer nur als „teilweise frei“ eingestuft. Auch wenn demokratische Grundfreiheiten wie beispielsweise freie Meinungsäußerung verhältnismäßig gut gewährleistet sind, zeigt der Kosovo noch große Defizite vor allem im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und in der Funktion der Regierung. Ein zentrales Problem ist hier, wie in vielen anderen Balkanstaaten, die Korruption, die viele Bereiche des Landes durchdringt. Auch wenn die EU gemeinsam mit dem Kosovo an einer Lösung dieser Probleme arbeitet, wird es wohl noch einige Jahre dauern, bis sich der Staat mit dem Demokratieniveau von EU-Staaten messen kann.
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