Sofia Corradi: Die Mutter von „Erasmus“

, von  Mathieu Henceval, übersetzt von Sabine Marmulla

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Sofia Corradi: Die Mutter von „Erasmus“
Sofia Corradi, Gründerin des Erasmus-Programms. © EuroparlTV (CC/Europarl), August 2016

Dank ihres Einsatzes für die europäische Integration entstand das Erasmus-Programm. Am Europatag wurde ihr vom spanischen Königspaar der Europa-Preis Karl V. verliehen. Doch wer ist Sofia Corradi? Porträt einer großen Europäerin.

Der Europa-Preis Karl V. wird seit 1995 von der Stiftung der Europäischen Akademie von Yuste verliehen. Er zeichnet, ähnlich wie der Karlspreis der Stadt Aachen, engagierte Europäer aus. Yuste ist ein Kloster in der spanischen Region Extremadura, in dem der erkrankte Kaiser Karl V. während seiner letzten Tage verweilte. Die spanische Königsfamilie hat den Preis schon zahlreichen europäischen Persönlichkeiten verliehen, darunter Jacques Delors, Javier Solana und Simone Veil.

Sophia Corradi, eine Mitbegründerin und „Mutter“ Europas

Im Jahr 1958, an der römischen Universität La Sapienza: Die junge und brillante Studentin Sofia Corradi ist gerade zurück aus den USA, wo sie ein Jahr lang an der Columbia University Vergleichende Rechtswissenschaft studiert hatte - dank eines Fulbright-Stipendiums. Zu ihrer großen Enttäuschung muss sie ein Jahr länger studieren, da ihr die italienische Universität für keines der Studienfächer, die sie an der amerikanischen Universität besucht hatte, die Leistung anerkannte.

War sie demnach ein Jahr lang im Urlaub gewesen? So schien ihr die Auffassung ihrer italienischen Universität. An diesem Tag wurde sich Sofia Corradi erneut bewusst, dass sie es sich dank ihres Vaters leisten konnte das Studium fortzusetzen, es hingegen zahlreichen Studentinnen und Studenten anders erging. Ein paar Jahre später beginnt sie, dies auch den Akademikern ihres Landes zu vermitteln. Es folgten viele Briefe, die sie an die Universitätsdirektoren, Politiker und Europaabgeordnete richtete. 1976 gab es den ersten Durchbruch, indem in Italien die in Frankreich erbrachten Studienleistungen und Diplome der Studierenden anerkannt wurden. Corradis unermüdlicher Einsatz für die Einrichtung von Austauschprogrammen an europäischen Universitäten war ein wichtiger Beitrag für die Einführung des Erasmus-Programms durch die Europäische Union im Jahr 1987. Sie ist seitdem unter dem liebevollen Spitznamen „Mamma Erasmus“ bekannt.

Erasmus - ein Erfolgsprojekt der europäischen Integration

Bis heute wurden eine Million Kinder geboren, deren Eltern sich während eines Erasmus-Aufenthalt im europäischen Auslandsstudium kennengelernt haben. Man kann somit sagen, dass Erasmus wortwörtlich Europa „erschafft“ und europäische BürgerInnen „erzeugt“. In einem Artikel, der am 2. Januar 2014 in der New York Times erschien, schrieb der italienische Autor und Journalist Beppe Severgnini: „Die Generation-Erasmus, Millionen junger Männer und Frauen, die mit zwanzig ihre Schreibtische, ihre Labore, ihre Lehrsäle, ihre Wohnungen und ihre Betten in ganz Europa teilten, kommt allmählich an die Führung. Sie haben die Pflicht und das Privileg Europa zu verteidigen“.

Das Erasmus-Programm ist eine dieser „konkrete[n] Tatsachen [..], die zunächst eine Solidarität der Tat schaffen“, die Robert Schumann 1950 als unverzichtbare Voraussetzung für die europäische Integration benannte. Sofia Corradi hat mit ihrem Engagement seit den 1960er-Jahren entscheidend zu diesem Erfolgsprojekt der europäischen Integration beigetragen.

Wenn Corradi heute Studenten trifft, betont sie, wie sehr das Studium im Ausland ihr Leben verändert hat. Jeder, der das Glück hatte selbst diese Erfahrung zu machen, stimmt dem sicherlich zu: Sein Land zu verlassen, um auf einer anderen Sprache zu studieren und vollständig in eine andere Kultur einzutauchen, verändert die eigene Persönlichkeit.

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