Um jeden Preis?

, von  Ivana Peric

Um jeden Preis?
Eurorettung um jeden Preis - das verkündete Mario Draghi in seiner Rede am 26. Juli 2012 auf der Global Investment Conference in London. © ECB European Central Bank / Flickr / CC BY-SA 2.0-Lizenz

Mario Draghi versprach vor drei Jahren, die EZB werde den Euro retten, und leitete damit eine umstrittene EZB-Politik ein. Wie ist der aktuelle Stand?

Der 26. Juli 2012 war ein bedeutsamer Tag für die europäische Wirtschaftspolitik. Mit den Worten „The ECB is ready to do whatever it takes to preserve the Euro“ definierte Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), auf der Global Investment Conference in London heute vor genau drei Jahren die Rolle der EZB in der Krise . Diese Politik wurde mittlerweile in verschiedenen Maßnahmen umgesetzt – aber immer noch genauso umstritten, wie für die Bürger ungreifbar. Allein durch seine Zusage fielen damals die zuvor stark gestiegenen Zinsen auf zehnjährige Staatsanleihen der Krisenstaaten drastisch. Seine Rede entfaltete so bereits unmittelbar deeskalierende Wirkung in einem Zeitpunkt, in dem die Angst vor dem Zusammenbruch der Währungsunion groß und berechtigt war. Draghi setzte seine Pläne in weiteren Maßnahmen um: Im September 2012 rief die EZB das Rettungsprogramm „Outright Monetary Transactions (OMT)“ zum Aufkauf von Staatsanleihen ins Leben. Im März 2015 startete das Programm „Quantitative Easing (QE)“ mit dem sie im Rahmen von 60 Milliarden Euro monatlich Staatsanleihen aller Eurostaaten aufkaufen kann.

Doch was ist das Ziel dieser Maßnahmen? Eine Staatsanleihe ist nichts anderes, als eine Schuldverschreibung eines Staates, die dieser an Investoren ausgibt. Indem die EZB von Banken und Großinvestoren große Mengen an Staatsanleihen kauft, erhöht sie zum einen die Geldmenge und hofft andererseits darauf, dass diese Investoren mit dem neuen Geld wiederum Realinvestitionen tätigen, die die Wirtschaft ankurbeln. Allerdings ist eine derartige Politik nach wie vor umstritten, denn das Europäische Recht untersagt der EZB grundsätzlich eine unmittelbare Staatsfinanzierung. Aus diesem Grund legte das Bundesverfassungsgericht dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Entscheidung vor, ob Staatsanleihenankäufe durch die EZB zulässig seien. Diese Frage wurde im Juni 2015 beantwortet: Die EZB darf im Rahmen des OMT-Programms Staatsanleihen ankaufen. Mit dem QE-Programm verfolgt die EZB allerdings noch einen weiteren Gedanken: So dürfen in diesem Programm nur Staatsanleihen gekauft werden, die als „sicher“ eingestuft sind oder von Ländern, die sich in einem Troika-Hilfsprogramm befinden. Wollen die Griechen also von QE-Programm profitieren, müssen sie sich mit den Gläubigern auf ein neues Hilfsprogramm verständigen.

Ob die Maßnahmen der EZB tatsächlich Erfolg haben, wird sich erst langfristig zeigen. Es scheint aber, als habe Draghi auch drei Jahre nach seiner aufsehenerregenden Rede noch immer einen Plan, den er hartnäckig und konsequent verfolgt: “Die Hummel muss sich zu einer Biene weiterentwickeln.” Ähnlich wie ein Bienenvolk kann auch die Eurozone nur durch Zusammenarbeit überleben.

Ihr Kommentar
  • Am 28. Juli 2015 um 13:01, von  duodecim stellae Als Antwort Um jeden Preis?

    Was im Artikel nicht so klar herausgestellt wird. Die EZB betreibt keine direkte Staatsfinanzierung über den Primärmarkt. Also sie kauft keine Anleihenen von Staaten direkt, weil ihr dies eben klar verboten ist. Wenn sie in der Vergangenheit oder aktuell beim QE Anleihen ankauft, kauft sie sie von Banken und anderen Investoren auf dem Sekundärmarkt ab, die vorher Kredite an Staaten vergeben haben. Damit versorgt sie die Banken und Investoren wieder mit Liquidität, die im Markt gebraucht wird, damit der Geldfluß der Wirtschaft zugute kommt. Eigentlich hat die EZB das QE Programm als Maßnahme zur Deflationsbekämpfung angekündigt, sprich man will die Inflation in der Eurozone anheizen, die zeitweise nahe 0% lag eigentlich aber nahe bei 2% liegen soll. Soweit die Theorie.

    Und ohne OMT wiederum gäbe es heutzutage meiner Meinung nach keinen Euro mehr, schlicht und einfach. OMT hat das Vertrauen in Europa wieder hergestellt, was die Nationalstaaten mit ihren nicht-nachhaltigen Lösungsansätzen für die Krise nicht konnten und für eine nachhaltige Lösung war die Politik nicht bereit. OMT ist jetzt auch keine langfristige Lösung, die die Politik aus ihrer Verantwortung lässt, aber für den Moment hat es die Eurozone wieder stabilisiert. Wenn der Europäische Gerichtshof OMT kassiert hätte, wären wir wieder zurück in der Situation von 2012.

  • Am 7. August 2015 um 17:40, von  Nathalie Bockelt Als Antwort Um jeden Preis?

    Ich würde ebenfalls gerne ein paar rechtliche Aspekte ergänzen, die aus dem Artikel nicht deutlich hervorgehen:

    1. Die EZB kauft die Staatsanleihen (wie auch schon kommentiert) auf dem Sekundärmarkt ein, was mit dem Primärrecht vereinbar ist, d.h. es liegt keine Verletzung des Verbots der unmittelbaren Staatsfinanzierung nach Art. 123 AEUV vor.

    2. Das BVerfG hätte streng genommen gar nicht über die Rechtmäßigkeit der OMT entscheiden dürfen, da die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Handelns der EZB nach Art. 263 AEUV eigentlich unter die Jurisdiktion des EuGH fällt. Die Vorlage des Falls beim EuGH ändert daran nichts.

    3. Das OMT-Programm und das QE-Programm müssen getrennt behandelt werden, denn sie unterscheiden sich hinsichtlich einer wichtigen Eigenschaft: die EZB schöpfte die Liquidität, die durch die OMTs entstanden war, wieder ab, d.h. es fand keine Erhöhung der Geldmenge statt. Erst durch das QE-Programm erhöht sie (völlig legitim) die Geldmenge, um ihr oberstes Ziel der Preisstabilität zu verfolgen. Die Klage am BVerfG bezog sich allerdings nur auf das OMT-Programm.

    4. Die Bindung des QE-Programms an ein Hilfsprogramm (damals EFSF/ESM, heute zusätzlich Troika) ist unerlässlich für die EZB, um die Wirtschaftspolitik in der Union nach Art. 127 Abs. 1 AEUV mandatsgetreu zu unterstützen. Andernfalls würden das OMT- bzw. das QE-Programm eine konkurrierende Maßnahme zu den Hilfsprogrammen wie bsps. ESM darstellen, was unzulässig wäre.

  • Am 10. August 2015 um 20:43, von  duodecim stellae Als Antwort Um jeden Preis?

    Hallo Nathalie, danke für deine Ergänzungen aber in Punkt 3 und 4 muß ich dich ein wenig korrigieren. 3. stimmt prinzipiell, aber soweit mir bekannt mußte die EZB die OMT Liquidität nicht abschöpfen, weil OMT bisher nie zum Einsatz kam. Die bloße Ankündigung von OMT hatte die Lage bereits ausreichend beruhigt, dass das Programm nicht nötig wurde. Korrigiere mich wenn ich mich irre.

    Und wegen 4: OMT war an ein Hilfsprogramm gekoppelt. Beim QE kauft die EZB Anleihen im großen Stil von allen Eurostaaten nach einem bestimmten Schlüssel, also auch Bundesanleihen unter anderem. Es wäre mir neu, dass die Troika in Berlin wütet.

    Ich persönlich sehe QE kritisch, weil meiner Meinung nach Lohnerhöhungen einen effektiveren Weg darstellen die Inflation zu erhöhen als exzessives Gelddrucken. Aber auf die Löhne in der Eurozone hat die EZB ja keinen Einfluß. Was ich bei QE befürchte ist, dass es nicht die erwünschten Effekte bringt und als Nebenwirkung die Liquidität nur wieder Finanzblasen am Aktien- oder Immobilienmarkt befeuert, anstatt die Realwirtschaft zu beleben. Wenn diese Blasen platzen hätte man dann eine neue Krise am Start.

    Ein möglicher wilkommener Nebeneffekt von QE könnte sein, dass der Euro im Aussenverhältnis abwertet und dadurch die europäischen Exporte in den Rest der Welt befeuert. Das wäre für Frankreich und Italien günstig, aber auch Deutschlands Exportwirtschaft würde davon profitieren. Über die dann teureren Rohstoffe würde man sich auch eine höhere Inflation in die Eurozone importieren. Wäre das Öl zur Zeit nicht so billig, hätte man mit dem schwachen Euro mittlerweile eine höhere Inflation, aber so hat QE bisher kaum auf die Inflation gewirkt, weil der Verfall des Ölpreises die Euroabwertung wett gemacht hat.

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