treffpunkteuropa.de: EuropeCanDoBetter ist ein ambitioniertes Projekt. Aber kann es Europa aus der Krise helfen?
Ariane Jordan: Zuerst einmal wollen wir, dass viele junge Menschen ihre Meinung zu Europa einbringen und Gefallen daran finden, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die Betonung liegt dabei auf konstruktiven Lösungsvorschlägen für europäische Herausforderungen. Nur wenn Visionen zu unserer gemeinsamen Zukunft in Europa entwickelt werden, können die Weichen dafür richtig gestellt werden. Wir haben uns also durchaus zum Ziel gesetzt, mit den Ergebnissen von „EuropeCanDoBetter“ Impulse für den Diskurs um die Zukunft Europas bereitzustellen. Jeder Weg besteht aus vielen kleinen Schritten. Wenn wir auf einem Stück des Weges, mit den Meinungen der besonders engagierten jungen Erwachsenen, Orientierung und Impulse für die Politik geben können, sind wir schon ganz froh.
Wie das?
Die polnische Botschaft, das Auswärtige Amt und verschiedene Medien haben schon ihr Interesse an unserem Projekt bekundet. In einem ersten Schritt werden wir die Ergebnisse natürlich unseren Partnern und Unterstützern zur Verfügung stellen und allen Organisationen, die beteiligt waren. In einer Pressekonferenz sollen sie dann einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden.
In Ihrem Projekt geht es - ganz plastisch formuliert - um die Rettung des europäischen Gemeinschaftsgefühls. Wie kommt man auf so eine Idee?
Die Idee entstand in einem Uni-Seminar der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf. Die Studenten haben sich gefragt: Was bedeutet es für die Zukunft Europas, wenn wir Gefahr laufen, dass jedes Land nur noch für seine eigenen Interessen kämpft? Und steht es um das europäische Gemeinschaftsgefühl wirklich so schlecht, wie überall zu lesen war? Das war für uns Anlass für ein Projekt, das sich genau diesen Fragen widmet. Außerdem schien uns die Meinung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe in der öffentlichen Diskussion deutlich unterrepräsentiert: Die der jungen Menschen. Es wird immer viel von „kommenden Generationen“ geredet - In den Diskurs miteinbezogen wird sie unserer Ansicht nach aber noch viel zu wenig.
Und dazu befragen sie Jugendliche aus vier verschiedenen Ländern. Reicht das?
Natürlich hätten wir gerne mehr Länder in unser Projekt mit einbezogen. Aber wir mussten uns auch fragen: Können wir das mit unseren Mitteln stemmen? Und da ist unser Vier-Ländervergleich schon ambitioniert.
Deutschland, England, Spanien und Polen haben Sie dann einfach zufällig ausgewählt.
Unsere vier Untersuchungsländer haben wir nicht willkürlich ausgewählt, sondern nach dem „most-different-cases“-Prinzip. Das heißt, wir haben Länder in unsere Untersuchung aufgenommen, die sich im Bezug auf Europa voneinander unterscheiden. Wir haben die pro-europäisch eingestellten Polen, die europaskeptischen Briten und mit Spanien ein Krisenland. Deutschland ergab sich gewissermaßen ja von allein.
Wer finanziert das Projekt eigentlich?
EuropeCanDoBetter ist ein Projekt der Change Centre Foundation. Die Change Centre Foundation ist eine unabhängige und gemeinnützige Wissenschaftsstiftung. Ihr Fokus liegt auf Projekten, die sich mit Veränderungsprozessen in Wirtschaft und Gesellschaft beschäftigen. EuropeCanDoBetter wird zu einem Teil durch Ressourcen der Stiftung getragen und zu einem anderen Teil durch eine Spende des Düsseldorfer Mäzens Udo van Meeteren, der projektbezogen gespendet hat. Außerdem hilft die Gemeinnützige Hertie Stiftung mit.
EuropeCanDoBetter ist Kooperationspartner der JEF – sicher ein guter Weg, um den Bekanntheitsgrad zu steigern. Doch die spärlichen „Gefällt mir“- Angaben auf Facebook sprechen bisher eher nicht für große Aufmerksamkeit (erst ca. 200): Wird das Projekt von jungen Menschen überhaupt wahrgenommen?
Alle, mit denen wir bisher gesprochen haben, begrüßen das Projekt. Das zeigt sich auch in der großen Unterstützung: Über 80 Organisationen haben dabei geholfen, das Projekt unter ihren Mitgliedern bekannt zu machen. Aber wir dürfen uns keinen falschen Illusionen machen: Man kann sich heute auf zahlreiche Arten engagieren. Die Konkurrenz unter den Projekten mit Europafokus ist groß. Jedoch sind nur wenige so lösungsorientiert wie wir – wir wollen nicht bloß Meinungen abfragen, sondern von den jungen Erwachsenen neue Vorschläge für die Zukunft Europas hören.
Zum Beispiel?
Was für das Krisengefühl am wichtigsten ist, definieren die Befragten selbst. Das ist ja das besondere an unserem Projekt. Wir geben nicht die eine relevante Krise vor, sondern wir fragen erst einmal: Was sind denn für euch relevante Themen? Aus welchen Politikbereichen kommen sie? Und dabei wollen wir auch abbilden, dass die Polen vermutlich andere Ängste haben als die Spanier und diese wiederum andere als die Briten.
Gibt es schon erste Ergebnisse?
Ja, die ersten Ergebnisse werden in Kürze vorliegen. Wir wollen mit der zweiten Welle der Befragungen in den nächsten drei bis vier Wochen starten. Bis dahin haben wir den Teil zu den größten Herausforderungen in Europa aus Sicht unserer Befragten – das sind derzeit schon knapp 1.500 – auch ausgewertet.
Die Fragen sollen also nochmal verändert werden.
Die zweite Welle enthält, wie auch schon die erste, einige grundlegende Fragen zu Europa. Vor allem der Umgang mit den Folgen der Finanzkrise und die außenpolitische Ausrichtung Europas interessieren uns. Es gibt schließlich kaum etwas, dass uns derzeit mehr umtreibt in Europa als Griechenland und der Ukraine-Konflikt. Der Kern unserer Befragung ist aber ganz klar die Entwicklung möglicher Lösungsansätze für diejenigen Probleme, die die junge Generation selbst in der ersten Befragungswelle genannt hat.
Wer neugierig geworden ist und selbst an der Studie teilnehmen möchte, kann den Fragebogen zur ersten Befragungswelle hier finden.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Christian Simon.
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