Wahlen in Albanien - vier Jahre mehr für die PS

, von  Dorieta Gjura

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Wahlen in Albanien - vier Jahre mehr für die PS
Premierminister Edi Rama Foto: TEDx Thessaloniki / Flickr / CC BY NC 2.0 - Lizenz

Die Wahlen in Albanien wurden in der deutschen Presse kaum beachtet. Aus diesem Grund kommentiert die Politik-und Verwaltungswissenschaftlerin Dorieta Gjura, die selbst Albanerin ist, für treffpunkteuropa.de exklusiv die Ergebnisse.

Juni 2017 war ein bedeutender Monat sowohl für Kosovo als auch für Albanien. Während in Kosovo das Volk „gewann“ und der korrupten Regierung eine klare Ansage machte, indem es die Partei VV („Selbstbestimmung“, eine Partei, die nie in der Regierung war) wählte, ist das Volk in Albanien auch nach 26 Jahren Pluralismus nicht soweit gekommen. Vielleicht, weil wir nicht genug Alternativen haben? In den letzten vier Jahren regierten die PS (Sozialistische Partei) und LSI (Sozialistische Bewegung für Integration). Bei den Wahlen vom 25. Juni 2017 hatten die drei großen Parteien Ambitionen zu gewinnen: Die PD trat mit der Behauptung an, sie werde gewinnen, weil sie „die Opposition der am meisten korrupten Regierung aller Zeiten sei“; die LSI behauptete zu gewinnen, weil „sie endlich verstanden hat, wie schlecht deren Koalitionspartner war“ und die PS sah sich schon im Vorfeld als Wahlsieger, „weil sie eine großartige Arbeit geleistet habe und das gerne weiter machen würde, aber alleine deswegen brauche sie 50%+ Stimmen“.

Tatsächlich sind diese Wahlen von der sozialistischen Partei Albaniens (PS) gewonnen worden. So weit, so gut – das ist natürlich legitim. Aber die Tatsache, dass die PS mit über 50% der Stimmen gewonnen hat, halte ich für etwas fragwürdig. Albanien hatte immer Probleme, was selbstverständlich ist für ein Land, welches über 40 Jahren isoliert und „Nordkorea Europas“ war. Aber ist dieses Volk so glücklich mit der Regierung, dass es der PS so viele Stimmen wie nie gibt? Laut meiner Analyse sind diese Ergebnisse einfach eindeutig: Die sozialistische Partei bekam ein zweites Mandat, weil die Opposition in Albanien, d.h. PD, einfach inexistent war. Nachfolgend vier Hintergründe für den Wahlsieg der PS:

1) Die demokratische Partei (PD) setzte in den letzten drei Monaten auf Boykottierungspolitik. Dieser Boykott des politischen Prozesses bekam eine große Unterstützung von der Bevölkerung, obwohl diese Politik von der EU und USA kritisiert wurde. Als die PD entschied, doch an den Wahlen teilzunehmen, sank die Unterstützung, weil das Volk sich „betrogen“ fühlte.

2) Ein zweiter Grund, warum die PS gewann, ist die einzigartige Wahlkampagne, die Premierminister Edi Rama führte. Keine Wahlprogramme, keine Vision für die Zukunft – aber so viel Charisma und Ausstrahlung, dass er die Wähler dennoch überzeugte. Selbst Max Weber hätte sich bei der Beschreibung des Charismatischen Führers etwas von Rama abgucken können.

3) Die Albaner haben die PS gewählt, weil sie ihnen noch einmal die Möglichkeit geben wollten, die angefangenen Reformen weiter zu führen. Nun kann man dies natürlich kritisieren und fragen: Wosind diese Reformen? Die Regierung in den letzten vier Jahren hat auf jeden Fall eines geschafft: Die Polizei ist eine Institution, vor der man Respekt hat.

4) Oft höre ich, ich redete schlecht über mein Land, vor allem, wenn ich die Wahrheit sage. Ja, das stimmt – aber trotzdem tue ich es: Albanien hatte schon immer ein Problem mit dem Cannabisabbau.. Bis 2013 durfte selbst die Polizei nicht in das Dorf Lazarat gehen. Die neue Regierung schaffte das. Aber die neue Regierung schaffte die Cannabisproduktion in diesem einen Dorf ab, um nun jeder Provinz in Albanien die Möglichkeit zu geben, Cannabis zu kultivieren. Das bringt natürlich Geld, das Geld kauft Stimmen, die PS bleibt in der Regierung, everyone is happy!

Ich habe versucht einen kurzen Überblick über Albanien nach den Wahlen zu geben. Persönlich finde ich es nicht schlecht, dass die sozialistische Partei die Wahlen gewonnen hat. Sie haben gezeigt, dass etwas erreicht werden kann, wenn der Wille da ist, wie etwa bei der Reform der Polizei.-. Außerdem finde ich gut, dass Edi Rama jetzt das Steuer alleine“hat und in vier Jahren nicht mehr der LSI die Schuld für die „unerfüllten Reformen“ geben kann.Natürlich wird er seine Macht hoffentlich nicht in die falsche Richtung ausnutzen.

Zum Schluss denke ich, dass der größte Verlierer dieser Wahlen die Demokratische Partei war, die ihren größten Verlust seit 1991 erlebt hat. Außerdem herrscht eine Spaltung innerhalb der Partei, und es wird lange dauern, bis wieder Zusammenarbeit möglich ist. Der größte Gewinner ist die LSI. Sie haben mehr Stimmen bekommen als vor vier Jahren, haben gleich die Ergebnisse der Wahlen akzeptiert und werden eine starke Opposition sein. Heute haben sie sogar, zum ersten Mal in der Geschichte Albaniens, eine Frau als Parteivorsitzende gewählt. Für die PS hat sich nur eins geändert: Sie haben die größte politische Verantwortung seit 27 Jahren auf sich genommen und diese vier Jahre, welche sehr bedeutend für die Zukunft Albaniens auch auf dem Weg in die EU sind, werden auch ein Test für die alleinregierende Partei.

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